Rezension

Die Todesseherinnen

Ezlyn. Im Zeichen der Seherin - Karolyn Ciseau

Ezlyn. Im Zeichen der Seherin
von Karolyn Ciseau

Bewertet mit 4 Sternen

Ezlyn – Im Zeichen der Seherin

Ezlyn ist eine Todesseherin – sie kann durch eine einfache Berührung den Tod eines Menschen voraussehen. Doch einer hat sich besonders in ihr Gedächtnis gebrannt: Ihr eigener Tod, herbeigeführt durch die Hand eines Schattenkriegers. Ezlyn glaubt, sich bestmöglich auf diesen schrecklichen Tag vorbereitet zu haben, aber als sie an die höchstbietende Adelsfamilie verkauft wird, muss sie ausgerechnet mit dem Schattenkrieger zusammenarbeiten, der ihren Tod bedeuten wird. Aber im Schloss ist nicht alles, wie es zu sein scheint – und das gleiche gilt für den Schattenkrieger, der Ezlyns Herz nicht nur aus Angst höher schlagen lässt…

 

Meine Meinung

Ezlyn – Im Zeichen der Seherin hat mich vor allem gelockt, da es endlich mal wieder kein Anfang einer Reihe ist, die ich erst in zwei Jahren beenden kann und deren Fortsetzung ewig auf sich warten lässt. Ezlyn ist das Debut der Autorin Karolyn Ciseau, die eigentlich schon viele Bücher im Selfpublishing herausgebracht hat, aber jetzt ihr erstes Buch beim Carlsen Verlag feiern kann. Und der Carlsen Verlag beweist erneut ein gutes Händchen in Sachen Newcomer-AutorInnen – nach allem, was ich mit diesem Buch erlebt habe, lohnt es sich mit Sicherheit, Karolyns weitere Laufbahn zu verfolgen und den ein oder anderen bereits erschienen Roman nachzuholen!

Vor allem hat mich Karolyn Ciseaus Schreibstil gepackt – nachdem ich in der letzten Zeit nur langweilige Bücher in den Händen hatte, wirkte sie wie ein frischer Wind: Mit tollen Beschreibungen, einem richtigen erzählerischen Spannungsbogen (!) und einer tollen Art zu erzählen. Sie konnte mich von der ersten Seite an packen und mit ihr und Ezlyn in die Geschichte ziehen – obwohl sich das vor allem in einem Fantasyroman mit einer fremden Welt schwierig gestalten kann. Ezlyn war mir dadurch als Protagonistin von Anfang an vertraut und passt sehr gut in die Geschichte – leicht aufmüpfig, freundlich und stets loyal, aber nach ihrer Isolation im Kloster auch sehr naiv. Das konnte mitunter auch mal anstrengend werden und man wollte sie am liebsten schütteln, um ihr die Augen zu öffnen, aber das gleiche fand ich in anderen Büchern schon viel unangenehmer. Hier konnte ich nachvollziehen, woher ihre Naivität kam und beobachten, wie sie die Wahrheit selbst bitter erfahren musste. Ich hätte nichts an ihr geändert.

Das Kaiserreich, in dem Ezlyn beheimatet ist, blieb neben ihr und den anderen schön ausgearbeiteten Charakteren (Malachi und Dorian, die beiden anderen großen Charaktere im Buch, waren auf ihre Art perfekt in das Buch eingearbeitet) leider etwas zurück. Man bekam vor allem am Anfang sehr viele hilfreiche Informationen, aber im Laufe des Buches wurde nicht viel mehr erklärt – man bekam kaum etwas über die Struktur des Landes mit, geschweige denn von einzelnen Abläufen, Traditionen oder Nachbarländern. Das Weltenkonstrukt blieb vergleichsweise oberflächlich, was für einen Roman von 400 Seiten aber auch nur natürlich ist – vielleicht wäre Ezlyn als Reihe also gar nicht schlecht angelegt gewesen. Daher hatte man eher das Gefühl, die Geschehnisse würden auf einer isolierten Insel in einer großen Welt spielen – bis zum Ende habe ich das ein wenig bedauert. Aber es schmälerte nicht meine Freude an dem Buch.

Die Handlung selbst war wie der Schreibstil wunderbar bunt, vielseitig und spannungsgeladen. Die treibende Kraft war die Beziehung der Charaktere untereinander, die sich mitunter sehr überraschend entwickelten. Es gab spannende Wendungen, traurige und glückliche Momente und alle haben mich als Leser mitfiebern lassen – Karolyn hat meine Neugier kein einziges Mal verloren. Nur das Ende des Buches – und das schreibe ich wieder der Weltenkonstruktion und der Kürze von knapp 400 Seiten zu – war etwas kurz und abgehackt. Einige Momente konnten nicht ausführlich genug behandelt werden, da sie vorher nicht richtig aufgeklärt worden waren und aus Platzmangel nicht mehr in das Buch passten. Mindestens einen Zweiteiler hätte ich mir also letztendlich doch gewünscht, um das Buch zu einem perfekten Gesamtpaket zu schnüren.

 

Fazit

Ezlyn ist kein perfektes Buch, aber ein tolles Lesevergnügen und eine Erholung von all den Reihen mit 10 Bänden. Ich würde sehr gerne mehr von der Welt lesen und verfolge Karolyn Ciseau mit Freude weiter. Eine große Leseempfehlung gibt es daher von mir!