Rezension

Packende Romantasy, die mit mehr als einer Liebesgeschichte überzeugt

Ezlyn. Im Zeichen der Seherin - Karolyn Ciseau

Ezlyn. Im Zeichen der Seherin
von Karolyn Ciseau

Durch den Klappentext habe ich erwartet, dass es hautsächlich um eine Liebesgeschichte geht, aber mit Ezlyn bekommt man viel mehr!

„Ihr mögt mich für ein Ungeheuer halten, Lady Ezlyn. Doch ihr seid keinen Deut besser. Ihr richtet über Leben und Tod genau wie ich. Und ihr tötet genau wie ich.“

Als Ezlyn an den Hof eines einflussreichen Lords kommt, um ihm fortan mit ihrer zugleich mächtigen und grausamen Gabe zu dienen, begegnet sie erstmals dem Mann, der ihr den Tod bringen wird. Sie ist zwar als Todesseherin dazu ausgebildet worden, den Menschen mit ihren Visionen zu helfen, ihr Leben zu retten, aber ausgerechnet ihrem eigenen Schicksal scheint sie nicht entkommen zu können. Denn auch ihr Mörder besitzt eine besondere Gabe. Dorian ist ein Schattenkrieger und kann mit einer bloßen Berührung das Leben nehmen.

Ich muss sagen, dass mich der Klappentext „Hast du den Mut zu lieben. Wenn der Mann deines Herzens dir den Tod bringen kann?“ auf die falsche Fährte geführt hat. Ich habe erwartet, dass es hautsächlich um eine Liebesgeschichte geht, aber ich habe mit Ezlyn so viel mehr bekommen. Ehrlich gesagt spielt die Beziehung zwischen der Todesseherin und dem Schattenkrieger nur eine nebensächliche Rolle. Die Gefühle zwischen den beiden entwickeln sich langsam und authentisch. Karolyn Chiseau nimmt ihre Leser vielmehr mit in eine Welt, in der diejenigen, die es sich leisten können, die Macht besitzen, mithilfe einer Todesseherinnen sogar den Tod zu kontrollieren. Was das bedeutet, erkennt man kritisch aus der Perspektive Ezlyns, die auf ihrem Weg zur Freiheit eine wundervolle Entwicklung durchmacht.

Ezlyn ist mir schnell sympathisch geworden, weil ihre Gefühle und Beweggründe durch die Ich-Erzählperspektive sehr nachvollziehbar werden. Beeindruckt hat mich, dass sie aufgewachsen hinter den Mauern des Tempels unter der strengen Obhut der Schwestern schon früh gemerkt hat, dass ihre Gabe zwar als Geschenk der Götter angepriesen wird, eigentlich aber mit sich bringt, zum Eigentum eines Lords zu werden. Die Welt lernt sie so erst kennen, als sie nach der Auswahl an den Hof ihres Lords gelangt, wodurch sie teilweise naiv wirkt. Getrennt von den anderen Todesseherinnen und täglich konfrontiert mit dem Mann, der ihr den Tod bringen soll, sucht sie in dem jungen Lord Malachi einen Verbündeten. Nach und nach lernt sie aber auch die Schattenseite ihrer Gabe kennen und muss sich eingestehen, dass sie viel mehr mit dem Schattenkrieger verbindet. Dorian ist zunächst sehr undurchsichtig, aber man merkt schnell, was sich für ein liebevoller und rechtschaffender Charakter hinter seiner harten Schale verbirgt. Es ist schön, mitzuverfolgen, wie er Ezlyn zum Hinterfragen bringt und sie ihre Angst überwinden und ihm allmählich vertrauen kann. Ich hätte mir allerdings noch mehr Informationen zu seiner Gabe und Ausbildung zum Angelus Mortis gewünscht, die im Gegensatz zu Ezlyns sehr blass geblieben sind.

Auch wenn vieles vorhersehbar war, wurde ich von der Geschichte gefesselt. Das Ende hatte sogar noch eine überraschende Wendung parat und viele Fragen aufgeworfen, sodass ich mich über einen weiteren Band sehr freuen würde.