Rezension

Drei Generationen und der Wandel der Zeit

Wildtriebe
von Ute Mank

Bewertet mit 5 Sternen

Covertext:
Für die alte Großbäuerin Lisbeth gibt es nichts Wichtigeres als den Hof, sein Erhalt ist ihr Lebenssinn. Nie hat sie die damit verbundenen Pflichten hinterfragt. Doch mit Schwiegertochter Marlies kommt eine neue Frau ins Haus, die keineswegs klaglos und ohne eigene Wünsche das Leben einer Bäuerin führen will. Das Kaufhaus in der nächsten Stadt wird für Marlies zum Sehnsuchtsort im Wirtschaftswunderdeutschland, arbeiten möchte sie dort, einen Jagd- und Traktorführerschein machen, das Leben soll doch mehr zu bieten haben. Die beiden Frauen tragen fortan stille Kämpfe aus, um Haushaltsführung, um Kindererziehung. Doch eigentlich werden viel größere Dinge verhandelt: Lebensmodelle, Vorstellungen vom Frausein, vom Muttersein. Und doch ist da ein verbindendes Element. Marlies’ Tochter Joanna, die ihren ganz eigenen Weg geht und nach dem Abitur nach Uganda aufbricht...

„Wildtriebe“ von Ute Mank ist ein großartiger Roman der den Wandel der Zeit und besonders den Wille nach Eigenständigkeit der Frauen betont.

Die Großbäuerin Lisbeth lebt für ihren Hof.
Ihre Brüder sind im Krieg gefallen und so hatte schon früh festgestandenen, dass sie den Hof übernehme wird.
Sie geht stillschweigend ihren Pflichten nach.
Mit der Heirat ihres Sohnes Konrad kommt seine Frau Marlies an den Hof.
Schon bei der ersten Begegnung hat Lisbeth in Marlies nicht die Bauersfrau gesehen die sie sich für ihren Sohn wünscht.
Marlies ist dann auch nicht dazu bereit ihr Leben nur Haus und Hof zu widmen.
Sie verspricht sich mehr vom Leben.
Marlies möchte in der Stadt in einem großen Kaufhaus arbeiten.
Da sind Konflikte vorprogrammiert.
Die werden aber nicht mit Worten ausgetragen sondern eher mit fehlenden Worten.
Auch als Marlies ihre Tochter Joanna zur Welt bringt ändert sich nichts in dem Verhältnis der beiden Frauen.

Ute Mank vermittelt ihren LeserInnen gekonnt den Konflikt zwischen den Generationen.

Sie erzählt die Geschichte abwechselnd aus der Perspektive von Lisbeth und Marlies.
Das bringt den LeserInnen beide Frauen näher.
Ich konnte beide Seiten sehr gut verstehen.
Lisbeth ist vom alten Schlag. Sie stellt nichts in Frage, hadert nicht mit ihrem Leben.
Stillschweigend erfüllt sie ihre Pflicht.
Mit ihr erfahren die LeserInnen viel über das Landleben in der Zeit ab dem 2. Weltkrieg.
Die ganzen Veränderungen und Verordnungen die das Leben als Bauer nicht unbedingt einfach machen.

Marlies bring den LeserInnen die Veränderungen noch einmal näher.
Sie möchte nicht den ganzen Tag auf dem Hof arbeiten.
Sie nimmt eine Arbeit in der Stadt an.
Den Hof überlässt sie Lisbeth und Konrad.
Auch als ihre Tochter Joanna geboren wird hat sie eine völlig andere Auffassung von Kindererziehung wie Lisbeth.
Auch Marlies konnte ich gut verstehen.
Sie kämpft für das eigenständige Leben einer Frau. Erkämpft sich das Recht zu arbeiten und einen Taktohrführerschein zu machen. Alles Dinge die Lisbeth so gar nicht verstehen kann.
Oft dachte ich, setzt euch an einen Tisch und redet miteinander.
Aber es herrschte meist das große Schweigen.

Mit Joanna kommt die 3. Generation ins Haus.
Sie wird einmal ein noch freieres Leben führen wollen.

Ute Mank findet genau die richtige Sprache für die Geschichte.
Ihre Szenebeschreibungen kann man sich gut vorstellen.
Viel wird durch Schweigen und durch Gesten ausgedrückt.
Da es zwischen den Frauen nur wenig Gesprächsstoff gibt.
Auch die Atmosphäre wird gut vermittelt.
Das Leben im kleinen Dorf. Dass, was denken die Leute.

„Wildtriebe“ ist ein Roman der auf leisen Sohlen daherkommt.
Die Geschichte bietet eine intensive Reise durch die Zeit und veranschaulicht die Generationskonflikten zu denen es unweigerlich kommen muss.