Rezension

Düsterer Einstieg in die Trilogie...

Neue Wirklichkeit -

Neue Wirklichkeit
von Nadine Erdmann

Bewertet mit 3.5 Sternen

Düsterer Einstieg in die Trilogie - dystopische Fantasy, traumatisierte Charaktere, aber auch interessante Fähigkeiten und Herausforderungen

Als eingeschworenes Team arbeiten Riley, Ayden, Jo und Parker unter dem Namen Hunters in Edinburgh als paranormal begabte Geisterjäger. Privat stemmen sie gemeinsam den nicht immer leichten Alltag, stets darauf bedacht, unter dem Radar des Institute for Paranormal Science zu bleiben. Doch dann geschieht eine Katastrophe, die nicht nur das Leben der Hunters völlig aus der Bahn wirft. Während die vier noch versuchen, sich in der neuen Wirklichkeit zurechtzufinden, bahnt sich geheim gehalten vor der Bevölkerung bereits das nächste Grauen an. Ein Grauen, bei dessen Bekämpfung die Fähigkeiten der Hunters sehr hilfreich sind. Ihre Hilfe könnte allerdings äußerst tödlich für sie enden… (Verlagsbeschreibung)

Ich habe bisher alles von Nadine Erdmann gelesen - und das meiste davon mit großer Begeisterung. Daher war ich sehr neugierig auf den ersten Band ihrer neuen Trilogie. Wer die Publikationen der Autorin verfolgt, der weiß, dass sie zuletzt das Ende der langen Serie der Totenbändiger herausgebracht hat - ebenfalls eine Reihe um Geisterjäger. Ein wenig hegte ich daher die Befürchtung, dass es hier deutliche Parallelen und Ähnlichkeiten geben könnte, aber diese Sorge zerschlug sich rasch.

Die Hunters bestehen aus vier Geisterjägern in den Zwanzigern, die alle unterschiedliche Fähigkeiten aufweisen und sich dabei gut ergänzen. Riley und Ayden sind Geschwister, Jo und Parker ein Paar, alle wohnen und arbeiten zusammen in Edinburgh - und unterstützen zudem Ayden dabei, seinen vierjährigen Sohn Henry großzuziehen. Die Wohnverhältnisse sind beengt, das Geld stets knapp, aber durch Jobs und gelegentliche Geisterjagden kommen sie über die Runden.

Eine Katastrophe bricht über Schottland herein - und nicht nur dort. Alles Dagewesene steht Kopf, schnelles Handeln ist angesagt. Während die Hunters sich der veränderten Realität stellen und versuchen das Beste aus der Situation zu machen, entpuppt sich nach und nach erst das ganze Ausmaß der Katastrophe. Die Herausforderungen werden nicht kleiner, und die Hutners stehen plötzlich ganz anderen Aufgaben gegenüber. Gefährlich? Aber ja!

Tatsächlich hatte ich etws Mühe, in die Geschichte hineinzufinden. Zum einen lag das an dem deutlich dystopischen Anklang, der wohl nicht von ungefähr Assoziationen zu der aktuellen Situation in der Ukraine weckte bzw. zu dem Despoten, der dafür verantwortlich ist. Das fand ich persönlich schon bedrückend, das kratzt an eigenen Ängsten. Dieser dystopische Anteil überlagerte für mich zudem über weite Strecken den Fantasy-Aspekt, was ich nicht immer gut aushielt. Zum anderen - und das hätte ich davor nicht für möglich gehalten - vermisste ich das Format der eSerials der Totenbändiger.

Hier bei den Hunters fehlte mir tatsächlich irgendwie das Intensive, Eindringliche der eSerials, die Szenen reihen sich gefühlt einfach aneinander, z.T. mit größeren Zeitsprüngen, vieles wird nur angerissen. Auch die Charaktere sind noch kaum greifbar, allerdings verbergen sie auch Geheimnisse und blocken rasch ab, wenn sie etwas von sich preisgeben sollen. Schnell wird deutlich, dass jeder der Hunters einen traumatischen Hintergrund hat und sie im Grunde nur ihrer Gemeinschaft vertrauen. Dies verstärkte für mich noch das Düstere des dystopischen Hintergrundes.

Auch das Thema Spannung war hier anders. Bei den eSerials gab es immer mal einen besonderen Kampf, der es in sich hatte, dazu wichtige Nebenschauplätze, um die eigentliche Geschichte voranzutreiben - hier dagegen gehen die Kämpfe irgendwie ineinander über und bieten für mein Empfinden wenig richtig Spannendes oder Spektakuläres, abgesehen mal von den durch die Katastrophe veränderten Eigenschaften der Geister. Im Grunde wirkte dieser erste Band auf mich wie eine lang angelegte Einführung in die dystopisch-fremde Welt.

Zuletzt jedoch wurde ich etwas versöhnt mit meinen Schwierigkeiten, in die Geschichte hineinzufinden. Die Situation für die Hunters verändert sich, es kommen Personen hinzu, und das tut der Erzählung merklich gut. Zudem gibt es gegen Ende ein langes "Heartwarming" - etwas ganz Typisches für die Romane von Nadine Erdmann, und diese z.T. sehr berührenden Szenen habe ich richtig genossen. Das erhöhte meinen persönlichen Wohlfühlparameter sehr deutlich.

Die zahlreichen Andeutungen, der Ausblick auf neue gefährliche Aufträge, die vielen Geheimnisse, die noch nicht gelüftet wurden und die fatale Situation nach der Katastrophe - all das macht definitiv neugierig auf die Fortsetzung. Ein für mich etwas holperiger Einstieg, aber natürlich bleibe ich dabei! 3,5 Sterne, die ich wo nötig gerne aufrunde...

 

© Parden