Rezension

Ein kontrastreiches, düsteres und eindrückliches Buch

Unser Teil der Nacht -

Unser Teil der Nacht
von Mariana Enriquez

Bewertet mit 4 Sternen

Dieses Buch kann einen nicht kalt lassen. Zu tief geht es hinein in die Gefühlswelt, zu eindrücklich ist das Beschriebene und zu klar definiert das Buch einen ganz eigenen Charakter.

Dieses Buch kann einen nicht kalt lassen. Zu tief geht es hinein in die Gefühlswelt, zu eindrücklich ist das Beschriebene und zu klar definiert das Buch einen ganz eigenen Charakter. Es ist keine Geschichte, wie ich sie jemals zuvor gelesen habe. Sie ist anstrengend, abstoßend, unbequem, düster und geheimniskrämerisch – aber sie ist auch genial, spannend, emotional und vor allem sehr bewegend.

Mir fallen unzählige Adjektive ein, um dieses Buch zu beschreiben – mitunter auch sehr widersprüchliche, aber genau das macht die Geschichte für mich zu etwas Besonderem: sie zeigt ein klares Profil, das Genres und Stimmungen vermischt, dabei aber immer das Ziel vor Augen hat und sich treu bleibt.

Wenn man nicht zu viel verraten will, kann man sagen das Buch ist eine Familiengeschichte. Sie erstreckt sich über mehrere Generationen und stellt eine Vater-Sohn-Beziehung in den Mittelpunkt.  Es sind die dunklen Kräfte eines Geheimbundes, die die Familie, Vater und Sohn zerreißen, auslaugen, auf eine harte Probe stellen und zusammenschweißen. Das Buch fördert das Beste und vor allem auch das Schlechteste in seinen Figuren zutage. Die Beziehungen der Personen werden vielschichtig und grausam ehrlich beschrieben.

Überhaupt ist auch grausam ein Adjektiv, das dieses Buch gut beschreibt. Szenen sind brutal, abstoßend und dabei so detailliert beschrieben, dass ich als Leser die Augen verschließen will und nachts im Bett vor Horror schlecht einschlafen kann. Doch ich habe immer weitergelesen – weil der Erzählstil unfassbar gut ist. Er lässt die Geschichte lebendig und nahbar werden. Er trägt mich durch schwierige Passagen und schafft Verknüpfungen.

Dabei ist das Buch sehr geduldig. Es ist dick und es braucht seine Zeit. Es springt durch die Jahre und zwischen den Figuren, lässt immer wieder lose Enden fallen und verwebt sie einige hundert Seiten später in einen neuen Kontext oder verweist sogar auf andere literarische Werke. Das macht die Geschichte komplex, anspruchsvoll, rätselhaft und spannend. Ähnlich macht es das Buch auch mit Genresprüngen. Es ist zu individuell, um sich literarisch in Schranken weißen zu lassen und vermischt historischen Komponenten mit Familienroman und beängstigender, dunkler Magie. Auch dadurch entwickelt das Buch sein einzigartiges Profil.

Die Kombination dieser vielen, brillant umgesetzter Fassetten lässt mich nicht kalt und so fällt mir am Ende nur noch ein letztes Adjektiv für das Buch ein: eindrücklich