Rezension

Ein Porträt von Rache in den 30ern

Die Farben des Feuers - Pierre Lemaitre

Die Farben des Feuers
von Pierre Lemaitre

Bewertet mit 4 Sternen

Madeleine Péricourt ist Alleinerbin eines berühmten Bankiers am Vorabend des Zweiten Weltkrieges im Frankreich der 20er und 30er Jahre. Der Roman von Pierre Lemaitre beginnt in tristen Grautönen. Die Beerdigung von Marcel Péricourt im Jahr 1927 bringt einige Wendungen mit sich. Neid, Habgier und Anerkennung ziehen sich durch die Reihen der Zurückgelassenen und das auf eine ganz dezente, sehr höffliche Weise. Mehrere Schlüsselfiguren des Romans bekommen einen ersten Auftritt und der Autor versteht es, wie kein Zweiter, diese in Szene zu setzen, um ihnen so ein charakteristisches Auftreten zu verleihen. Da wäre zum einen Madeleines Sohn Paul, der sich aus dem Fenster stürzt, oder der politisch engagierte Bruder des Verstorbenen und seine Frau mit den hässlichen Töchtern. Aber auch das Haus- bzw. Kindermädchen, der Hauslehrer oder auch ein Angestellter der Péricourt Bank rücken ins Licht des Geschehens…

Beim Lesen fühlte ich mich in eine andere Zeit versetzt. Lemaitre schaffte es mir ein glaubwürdiges und zugleich tragisches Bild vor Augen zu führen. Das Cover des Buchs passt wunderbar zu meiner beschriebenen Vorstellung des Inhalts. Auf eine ernüchternde und ebenfalls „blumige“ Weise beschreibt er mit sehr gesitteten Sätzen eine Geschichte voller Habgier, Verrat und nicht zuletzt gut ausgearbeiteter Rache. Das Thema Rache ist eine Sache, die mir aus persönlichen Gründen nicht sonderlich zusagt, dennoch überraschte mich die nach Authentizität klingende Geschichte mit vielen kleinen detailverliebten Augenblicken.

Jede Figur scheint mir gut ausgearbeitet und besticht mit eigenen Motiven, Träumen und Wünschen, aber auch mit eigenen Absichten, Schattenseiten und Schwächen. Was nicht zuletzt auf eine absurde Weise Sympathien weckt. Ich denke, die Farben des Feuers sind es sinnbildlich deswegen geworden, da die Hauptfigur Madeleine mit ihrem späteren Rachemotiv von einem grauen und tragischen zu einem durchdachten und unberechenbaren Charakter mutiert – den Blick ausschließlich nach vorne gerichtet. Das Rache jedoch nicht unbedingt die Lösung sein kann, darum geht es hier nicht... Dennoch, Rache ist rot. Rot wie Feuer. So erschuf der Autor also ein Porträt von gelebten Gefühlen und mehr oder weniger tragischen Einzelschicksalen.