Rezension

Ein unblutiger aber unterhaltsamer Thriller

VERGESSEN - Nur du kennst das Geheimnis - Claire Douglas

VERGESSEN - Nur du kennst das Geheimnis
von Claire Douglas

Kirstys Mann Adrian kam mit dem stressigen Leben als Anwalt in London nicht mehr klar, er wurde zunehmend depressiver und unternahm sogar einen Selbstmordversuch. Bei einer Urlaubsreise entdecken sie ein altes viktorianisches Pfarrhaus in dem kleinen walisischen Dorf Hywelphilly. Da es schon Kirstys Kindheitstraum war ein Gästehaus zu eröffnen, entscheidet das Paar sein Londoner Leben aufzugeben und in Wales neu anzufangen. Unterstützt von ihrer Mutter kaufen sie das Pfarrhaus und renovieren es, doch kurz vor der Eröffnung holt Kirsty die Vergangenheit ein. Ihre Cousine Selena reist gemeinsam mit ihrer kränklichen Tochter Ruby an. Zwischen Kirsty und Selena ist in der Vergangenheit etwas vorgefallen wodurch ihre beinah schwesterliche Beziehung zerbrochen ist. Erste Schatten ziehen über der kleinen Pension auf. Regelmäßig findet Kirsty verwelkte Friedhofsblumen vor der Haustür, einige Dorfbewohner begegnen ihr feindselig und die fremden Menschen im Haus beunruhigen sie zunehmend. Ihre sechsjährige Tochter Evie schläft schlecht, die elfjährige Amelia vermisst ihr Londoner Leben und Adrian zieht sich die meiste Zeit zurück um an seinem Roman zu arbeiten. Kirstys muss lernen tagtäglich mit ihrer Mutter Carol auszukommen, außerdem hat sie den Verdacht dass Selena wieder mal nicht ehrlich zu ihr ist. Als Kirstys Bruder Nathan mit seiner Frau Julia anreist und ein alter Bekannter in der Pension eincheckt überschlagen sich die Ereignisse...

Bisher kannte ich nur "Still alive" von Claire Douglas, "Missing" steht (leider) noch ungelesen im Regal. Ich mag ihre Art Geschichten zu erzählen und das Setting von "Vergessen" hat mich besonders angesprochen. Ein wunderschönes altes Geisterhaus in einer traumhaften Umgebung, argwöhnische Dorfbewohner und viele Familiengeheimnisse. Ich fand es sehr interessant zu lesen mit welchen Problemen die Eröffnung einer Pension einhergeht, wobei ich mich auch immer wieder gefragt habe, warum Kirsty, wenn sie solche Ängste hat; nicht früher darüber nachgedacht hat den Privatbereich besser von dem Gästebereich zu trennen. Hinzu kommt ein leichter Gruselfaktor, denn das alte Haus hat natürlich eine tragische Geschichte und auch in der Pension geschehen merkwürdige Dinge. 

Für den Schauplatz gibt es von mir einen Pluspunkt, aber wie sieht es mit den Charakteren aus? Kirsty als Erzählerin nimmt den meisten Raum ein, sie ist sehr ängstlich was ihre Familie betrifft, was man ein wenig nachvollziehen kann wenn man ihre Geschichte kennt. Trotzdem ist es nicht gerade klug eine Pension zu eröffnen, wenn man kein gutes Gefühl hat sobald fremde Menschen im Haus sind. Ich konnte ihre Bedenken nachvollziehen, aber wie bereits geschrieben- daran hätte sie auch vorher denken können. Vermutlich hat die Geschichte aber auch nur so richtig funktioniert, also will ich hier nicht in den Krümeln suchen. Adrian hat mir gut gefallen, er hat sein Leben noch nicht wieder völlig im Griff, arbeitet aber an sich und ist auf einem guten Weg. Die Kinder sind glaubwürdig dargestellt. Evie ist der kleine Sonnenschein, Amelia ist ernster, ihr merkt man an, dass sie in ihrem jungen Leben schon einiges verdauen musste. Kirstys Mutter Carol wirkt zu Beginn kalt, es scheint als haben Mutter und Tochter eine schwierige Beziehung. Ob die Entscheidung gemeinsam eine Pension zu führen und auf engsten Raum zusammen zu leben wirklich richtig war? Selena war mir von Anfang an unsympathisch, sie hatte keine schöne Kindheit, aber sie hatte es selbst in der Hand mehr aus ihrem Leben zu machen. Ich muss ihr aber zugute halten, dass sie Adrian den Kopf gewaschen hat. Die weiteren Nebenfiguren wie Ruby, Nathan, Julia und Dean fand ich glaubwürdig dargestellt und wichtig für den Verlauf der Geschichte. Auch die verschiedenen Gäste und ihre Schrullen haben mir gefallen. 

Komme ich nun zur Handlung. Das ganze Drumherum wie der Weggang aus London, die Eröffnung der Pension und Selenas Auftritt fand ich sehr unterhaltsam. Ich habe die Geschichte gerne gelesen, Zeitsprünge mag ich, alte Geheimnisse und Familiendramen sowieso, trotzdem kann ich diesem Buch keine 5 Sterne geben. Auch wenn es die ein oder andere Überraschung gab, so wurde ich doch zu wenig überrascht. Da Selenas Charakter schon früh ausführlich beschrieben wurde, war alles was dann kam keine Überraschung mehr. Die Gruselmomente hätten für meinen Geschmack gruseliger sein können, die Geschichte hinter den Blumen und den merkwürdigen Geschehnissen im Haus war nett, man konnte aber zu leicht darauf kommen. Nun ist mir eine logische Erklärung hundertmal lieber als eine Auflösung die gar keinen Sinn ergibt, aber das Ganze hätte schon ein wenig raffinierter verpackt werden können. Am Ende verdient sich Claire Douglas wieder einen Pluspunkt, denn auch wenn ich mal kurz darüber nachgedacht hatte, hätte ich nicht erwartet dass sie es wirklich so löst. Und der Abschnitt "Fünf Monate später" hat das noch getoppt. Leider war das Buch an der Stelle zu Ende. Ein bisschen Gänsehaut bleibt. 

Fazit: "Vergessen" ist ein flüssig zu lesender, aber unblutiger Thriller. Leser die weniger auf Blut und mehr auf Familiendramen und Geheimnisse stehen, sollten hier zugreifen.