Rezension

Eindrucksvoll und interessant geschriebener Roman auf den Spuren der Künstler in Skagen

Die Frauen von Skagen - Stina Lund

Die Frauen von Skagen
von Stina Lund

Bewertet mit 5 Sternen

Der eindrucksvoll und mit viel Gefühl geschriebene Künstlerroman "Die Frauen von Skagen" von Stina Lund erscheint bei Rowohlt Polaris. Skagen, Ende des 19. Jahrhunderts: Die junge Asta ist im Haushalt der Triepckes als Gesellschafterin für Tochter Marie angestellt. Als diese dem Maler Peder Severin Krøyer Modell steht, ist das der Beginn einer Liebes- und Schicksalsgeschichte, die nicht nur Maries und Astas Leben, sondern die Geschichte der Kunst Europas prägen wird. Vibeke soll die Farbenfabrik ihres Vaters übernehmen - doch ihr Herz gehört der Kunst. Im dänischen Skagen nimmt sie ein Studium der Malerei auf. Dort entdeckt sie ein Bild, von dem sie glaubt, es sei ein unbekanntes Werk der von ihr verehrten Malerin Marie Krøyer. Zusammen mit dem charismatischen Thore will sie mehr herausfinden.

In den 1880er-Jahren erlebte die Künstlerkolonie in Skagen mit Künstlern aus Dänemark, Norwegen und Schweden ihre Blütezeit. Peder Severin Krøyer, Anna und Michael Ancher, Holger Drachmann und andere lebten und arbeiteten hier zusammen und schufen einen neuen Stil, der realistischer sein sollte als die früherer Kunstformen. Das besondere Licht am Meer und die Szenen aus dem Leben der örtlichen Bevölkerung wurden in der Freiluftmalerei zum Ausdruck dieser Kunstepoche.

In diesem großartigen Liebes- und Künstlerroman hält sich Stina Lund an die biografischen Fakten und lässt ihre Fantasie dort spielen, wo es Freiräume gibt. Sie stattet ihre Geschichte mit Details aus und lässt sie dadurch lebendig werden. Das Leben der Künstlerinnen wird so zu einer spannenden Romanbiografie, bei der man die Gefühle und künstlerischen Ambitionen gern verfolgt. Marie und auch Asta lernen bei Krøyer ihre künstlerischen Techniken. Das Zusammenleben geht nicht ohne Seitensprünge, Neid und Eifersucht ab, Krøyer vereinnahmt Marie als Ehefrau, gönnt ihr keinen Erfolg mit ihren Gemälden. Trotzdem entwickelt sich eine Dreiecksgeschichte. 

Die Gegenwartsgeschichte um Vibeke ist ebenfalls perfekt erzählt, aber sie erscheint mir gegen die Künstlerkoloniegeschichte nicht ganz so ausdrucksstark. Sie hat für mich mehr den Sinn, den Bezug zur Gegenwart zu erstellen. Vibeke hat wie Marie ebenfalls den Wunsch, Kunst zu studieren und zieht nach Skagen. Dort trifft sie auf Thore, der ihr zur Seite steht. Sie ist hin und hergerissen zwischen ihrem Wunsch zu malen und dem Wunsch ihres Vaters, sein Farbengeschäft weiterzuführen.

 

Die beiden Handlungsstränge fügen sich zu einer wunderbaren Geschichte. Man beginnt zu lesen und begleitet diese interessanten Figuren durchs Leben. In der Künstlerkolonie versuchen die Maler ihre Bilder für geplante Ausstellungen zu erstellen. Es ist eine bewegende Zeit, auch für Marie, die immer etwas verzagt ist und viel auf die Meinung ihres Ehemanns Sören gibt, den sie als Maler verehrt und als Frau "gehorcht". Asta ist da schon viel emanzipierter, doch ihr fehlen die finanziellen Mittel. Mit ihrer Heirat gelingt ihr eine Grundsicherung, ihre Gefühle holt sie sich woanders.

Stina Lund versteht es, Emotionen und Gefühle, künstlerisches Handeln, Zeitgeist und ihre historischen Persönlichkeiten lebendig werden zu lassen. Die erzählte Gegenwartsstory bringt noch mehr Einblicke in die Künstlerkolonie und verknüpft so geschickt die Zeitebenen.

Ein emotionaler und eindrucksvoll erzählter Roman nicht nur für Kunstinteressierte!