Rezension

Familie kann man sich nicht aussuchen

Wintergäste - Sybil Volks

Wintergäste
von Sybil Volks

Oma Inge ist tot, vermeldet Schwiegertochter Kerrin an Kinder und Enkelkinder, die sich alle auf den Weg nach Hause zu dem abgelegenen Haus Tide auf die kleine Nordseeinsel machen, um der Toten die letzte Ehre zu erweisen. Aber Oma Inge ist doch noch nicht tot – ein Fehlalarm. Da können wir ja wieder fahren, denken Berit, Inka, Jochen und Gesa, während Marten und Kaija lieber bleiben würden. Bevor eine Entscheidung gefällt werden kann, braut sich ein Schneesturm zusammen, der sie nicht nur ans Haus fesselt, sondern auch für einen Stromausfall an Silvester sorgt. Kann man als Familie so viel Nähe ertragen?

Jedes einzelne Familienmitglied wird vorgestellt und auch ihre Probleme und Eigenarten, ihre Meinungen voneinander werden beschrieben. Das ist zwar etwas viel auf einmal, weil man sich auf die vielen Personen konzentrieren muss, aber es ist abwechslungsreich geschrieben. Ein ganzer Kosmos im Miniaturformat. Was passiert, wenn Menschen, die zwar eng verwandt, aber ziemlich verschieden in ihren Charakteren sind, auf kleinem Raum zusammengepfercht sind und nicht entkommen können?

Pointierter Witz, selbst auf einer Katzentrauerfeier, sinnige Wortspiele, ironisch ohne gemein zu sein und leises Lachen drängelt sich zwischen die Zeilen. Der Schwenk, dass man die Gedanken der einzelnen Personen liest, ist gut gemacht. Dadurch versteht man den Einzelnen besser und kann sich besser in ihn hineinversetzen, erlebt quasi mit, was er von den anderen denkt.

Leider flaut das zur Mitte hin etwas ab. Man hat das Gefühl, dass sich Wiederholungen einschleichen und Szenen in die Länge gezogen, zu langatmig sind. Kürzere, prägnantere Darstellungen wären zuweilen besser gewesen. Auch dass alle Personen unzufrieden sind, nicht richtig miteinander reden können und es dadurch zu Missverständnissen kommt, die alle unglücklich zurücklassen, wirkt etwas übertrieben.

Das Ende hat mich über den schwächeren Mittelteil hinweggetröstet und entlässt mich nachdenklich, wie es mit den einzelnen Familienmitgliedern weitergehen wird.