Rezension

Fantasievolles Rätselraten

Das wandelnde Schloss - Diana Wynne Jones

Das wandelnde Schloss
von Diana Wynne Jones

Bewertet mit 3.5 Sternen

Die Hutmacherin Sophie ist die älteste von drei Schwestern. Und wie ja alle wissen, hat das älteste Geschwisterkind leider immer Pech, wenn es darum geht, auszuziehen und das Glück zu suchen. Deswegen wundert sich Sophie auch nicht übermäßig, als eine böse Hexe bei ihr auftaucht und sie mit einem Fluch belegt, bei dem andere wohl vor Grauen laut schreien würden. Sie nimmt es hin, beschließt aber, sich die Schmach zu ersparen, ihrer Familie gegenüberzutreten. So wandert sie los, gelangt zu einem umherspazierenden Schloss, trifft seltsame Gestalten, einen Zauberer, einen Feuerdämon, eine Vogelscheuche, hört vom verschwundenen Prinzen Justin und muss einen geheimnisvollen Fluch lösen.

Eigentlich … ja, eigentlich ist diese Geschichte wirklich ganz bezaubernd und äußerst fantasievoll. Schon 1986 ursprünglich für Kinder ab neun Jahren geschrieben, ist der Schreibstil eher einfach gehalten und die Welt nur knapp umrissen. Es gibt kuriose Dinge. Türen in verschiedene Welten, Siebenmeilenstiefel, in verschiedene Teile zerlegte Menschen und vieles mehr. Es empfiehlt sich, nicht zuviel darüber nachzugrübeln, wieso und weshalb hier alles so anders ist. Diese Sachen existieren eben in Ingari, dem Land, in dem Sophie lebt.

Die Handlung ist voll witziger Details und schlägt immerzu Haken. Man muss mitunter höllisch aufpassen, um bei all den kleinen Abstechern den Überblick über den Kern der Dinge zu behalten. Damit ist die Art der Erzählung mit Sicherheit besonders. Ich konnte ihr dadurch aber nicht immer gut folgen. Nach dem ersten Drittel ging mir ein wenig der Überblick und auch die Atmosphäre verloren. Die Geschichte besitzt gerade gegen Ende kaum Ruhemomente. Auf den letzten Seiten überschlägt sie sich nachgerade. Ich musste mich nach dem Zuklappen erst einmal sammeln und nachdenken, ob ich auch wirklich alles richtig verstanden habe.

Vermutlich wollte die Autorin bewusst Verwirrung stiften. Sie versteckt Wichtiges in Unwichtigem. Das ist amüsant. Teilweise. Aber auch etwas schade. Denn einige wunderbare Ideen wirken seltsam unfertig und hätten mehr Aufmerksamkeit verdient.

Das Ende ist sehr passend für ein Märchen. Für Sophie endet ihr Abenteuer genau dort, wo es begonnen hat – bei sich selbst. Aber mit neuen Erkenntnissen und einem anderen Blick auf Vieles. Und natürlich…  aber lest selbst!

Fazit: „Das wandelnde Schloss“ ist eine Art Kunstmärchen, das mit Märchenmotiven spielt, aber reichlich aberwitzig, teilweise altmodisch, dann wieder modern daherkommt. Die Geschichte sprudelt vor Fantasie. Wichtige Handlungselemente hätten nach meinem Dafürhalten jedoch noch liebevoller und stringenter ausgebaut werden können, damit sich Leser nicht heillos in der wundersamen Welt von Ingari verlaufen. Was aber auch seinen Reiz hat, zugeben. „Das wandelnde Schloss“ ist der erste von drei Teilen der Howl-Saga, steht aber zugleich als abgeschlossener Band für sich alleine. Ich habe Lust auf den gleichnamigen, offenbar recht bekannten Anime bekommen, für den die Handlung – wie man liest - etwas verändert wurde.