Rezension

Goldgräberstimmung in Ardnakelty

Feuerjagd -

Feuerjagd
von Tana French

Bewertet mit 5 Sternen

Tana French gehört seit meiner ersten Begegnung in „Grabesgrün“ zu meinen absoluten Lieblingsautorinnen und auch mit ihrem neuesten Werk hat sie mich nicht enttäuscht.

In Ardnakelty herrscht aufruhe, denn Johnny Reddy wurde in der alten Heimat gesehen. Früher zu Schulzeiten war er als Schlitzohr bekannt und hinterließ seine Frau mit den gemeinsamen Kindern als alleinerziehende Mutter, um in England den Puls der großen Stadt zu fühlen. Nun kehrt er mit Rushborough im Schlepptau zurück, denn der edle Geschäftsmann hat von seiner Großmutter vor ihrem Tod das Geheimnis erfahren, dass Ardnakelty unentdeckte Goldvorräte im Boden bevorratet, die nur darauf warten von kräftigen Männern ausgegraben zu werden. Gemeinsam will das Duo nun die Farmer, die in diesem Sommer von einer Dürre geplagt werden, reich machen. Das Dorf bleibt skeptisch, investiert aber trotzdem in die Unternehmung. Kurze Zeit später wird einer der Männer tot am Fuße des Berges gefunden und das ganze Dorf wird verdächtigt.

Der Autorin gelingt es erneut auf 500 Seiten einen fesselnden Roman mit Tiefgang und literarischer Raffinesse auf den Markt zu bringen. Ihre Beschreibungen der kargen, ausgedörrten Natur lassen uns regelrecht die staubige Luft auf der Haut spüren und nach einem Glas von Cal`s Eistee lechzen, den der ehemalige US-Cop im Kühlschrank lagert. Sein Verhältnis zu Trey, der ältesten Tochter von Johnny Reddy, steht neben der Goldgräbergemeinschaft ebenfalls im Mittelpunkt. Das ungleiche Duo wirkt zunächst wie ein Sozialarbeiter mit seiner störrischen Betreuungsperson, aber schon bald zeigt sich wie harmonisch die beiden im Umgang sind.

Das Dorf entwickelt zusehends seine eigene Dynamik und es fühlte sich teilweise so an, als ob die Autorin lediglich die Funktion der „Marionette“ übernimmt und sich völlig auf die Charaktere einlässt. Sie sind es, die ihr scheinbar vorgeben, wie die fiktive Geschichte gesponnen werden soll – allen voran Mart, der kauzige Nachbar von Cal, der zwar körperlich beeinträchtigt, aber geistig gewieft, wie kein anderer ist. Einige Überraschungen warten während der Ermittlungen auf die Leserschaft, sodass das Rätselraten um den Mord trotz der oberflächlichen Ruhe zwischen den Zeilen ordentlich brodelt. Diesen Effekt beim Lesen finde ich überwältigend, weil ich es in der Form noch nicht bei anderen Romanen gespürt habe und spiegelt die große Sprachgewalt von Tana French wider.

Auf Grund von Zeitmangel habe ich den Vorgängerband „Der Sucher“ leider nicht mehr rechtzeitig lesen können, weil ich den Zusammenhang schlichtweg auch erst beim Durchstöbern der Rezensionen zu „Feuerjagd“ nachvollzogen habe. Das Verständnis der verschiedenen Charaktere funktioniert trotzdem wunderbar, wenngleich ich mir vorstelle könnte, dass sich besonders bei Lena, der zurückhaltenden Partnerin von Cal, einige Lücken nach der Lektüre noch besser schließen würden.