Rezension

Höllisch gut.

Höllenkind -

Höllenkind
von Veit Etzold

Bewertet mit 5 Sternen

In der Sixtinischen Kapelle im Vatikan laden zwei alte Adelsfamilien zur prunkvollen Hochzeit ein. Eben noch strahlend schön, blüht das Blut der Braut am Hochzeitskleid und sie stirbt vorm Altar. Patho-Psychologin Clara Vidalis aus Deutschland wird zur Aufklärung hinzugezogen, war sie doch schon mit Fällen um Satanismus betraut.

„Höllenkind“ ist der achte Band der Reihe um die Ermittlerin Clara Vidalis, die als Kommissarin und Patho-Psychologin für das LKA tätig ist.

Die vorherigen Teile der Reihe sind mir unbekannt. Daher hatte ich schon Zweifel, ob ich dem Geschehen entsprechend folgen kann. Die Handlung ist in sich abgeschlossen, wobei es durchaus Bezüge zu früheren Fällen gibt. An diesen Stellen wird mittels einer Fußnote auf den jeweiligen Band verwiesen. Jedenfalls bin ich trotz meiner Unwissenheit gut bei Ermittlerin Clara Vidalis angekommen und mir hat dieser Fall großen Spaß gemacht.

Clara Vidalis und ihr Mann - MacDeath genannt - arbeiten beide für’s LKA. Aufgrund der Ereignisse früherer Ermittlungen wird Vidalis suspendiert und setzt sich auf einen Mädelsurlaub nach Italien ab. Hier sucht sie Commendatore Adami auf, der als zuständiger Ermittler des Vatikans um Hilfe bei der Aufklärung der ‚Bluthochzeit‘ bittet.

Das Buch beginnt mit dieser Bluthochzeit und damit mit einen Knall. Mitten im Herzen des Vatikans wird eine prächtige Hochzeit des Altadels gefeiert, die in ihrem Ausgang an einen schlechten Horrorfilm denken lässt: Das Hochzeitskleid wird im Blut der Braut ertränkt, während sie vor den Augen der feierlichen Gesellschaft in die Knie und aus dem Leben geht. Eine überaus perfide Idee, die mir sofort unter die Haut gekrochen ist.

Aufgrund des Hintergrunds des Vatikans, des italienischen Flairs und eines feinen Puzzles aus Hinweisen, schleicht sich meiner Meinung nach ein sachter Bezug zu Dan Browns religiös geprägten Thrillern ein. Ich habe es trotzdem oder vielleicht gerade deshalb als enorm spannend empfunden. Mir gefielen das Rätseln, die zu entschlüsselnde Symbole sowie Gedankengänge und zusätzlich hat Veit Etzold den Flair von Bella Italia zum Leben erweckt.

Protagonistin Clara Vidalis gefällt mir ausgezeichnet. Ich habe früher viele Thriller mit Serienkiller und Ermittlern gelesen, und empfinde die Patho-Psychologin als erfrischend anders. Sie ist normaler, lebensfroher, sodass eine gewisse Leichtigkeit trotz der diabolischen Ereignisse in der Handlung entsteht. Im Gegensatz zu alkoholkranken und geschiedenen Kommissaren erfreut sich Vidalis einer funktionierenden Ehe, die für charmant-freche Dialoge sorgt.

Der Fall selbst breitet sich aus. Vidalis kommt eher der Zufall zu Hilfe, als es ihre Fähigkeiten tun. Einige Details empfand ich zwar als vorhersehbar, aber im positiven Sinn. Ich hatte etliche Zusammenhänge - aufgrund eines Wissensvorsprungs gegenüber der Ermittlerin - schnell durchschaut. Trotzdem war es fesselnd, die Motive dahinter zu lüften.

Veit Etzold streut Details zu Kunst, Medizin, Kultur und Geschichte ein. Meiner Meinung nach ist es genau das richtige Maß, sodass man neben der Thriller-Unterhaltung einiges an Hintergrundinformationen erhält. 

Der Schreib- und Erzählstil ist locker gehalten, was meiner Ansicht nach dem Genre entspricht. Zwischen blutigen Szenen, dem Ermittlungsgeschehen und interessantem Wissen streut er amüsante Denkanstöße ein, die zum Schmunzeln anregen:

„Die gleichen Firmen, die sonst mit penetranter Werbung und haltlosen Marketingversprechen alles taten, um mit dem Kunden Kontakt aufnehmen zu können, taten im Callcenter alles, um den gleichen Kunden genauso schnell wieder loszuwerden.“ (S. 285) 

Mit Abstand betrachtet fallen die genannten Kritikpunkte zwar auf, dennoch hat es mir unheimlich großen Spaß gemacht. Die Ermittlungen mit Viladis in Dan-Brown-Manier vermitteln ein altehrwürdiges Bild von Italien, wo die Familien alt, der Glaube stark und die Geschichte geheimnisvoll ist. 

Am Ende wird der Leser nicht mit einer runden Aufklärung verwöhnt, sondern hat es mit einem offenen Ausgang zutun. So etwas mag ich gern, wobei ich denke, dass dieser Stil nicht jedem liegt.

Letztendlich habe ich mit „Höllenkind“ einen fesselnden, spannenden und interessanten Thriller gelesen, der mich höllisch gut unterhalten hat. 

Die Reihe um Clara Viladis:
1) Final Cut
2) Seelenangst
3) Todeswächter
4) Der Totenzeichner
5) Tränenbringer
6) Schmerzmacher
7) Blutgott
8) Höllenkind