Rezension

Jesses am Balken, was für ein Buch!

Mitternachtsschwimmer -

Mitternachtsschwimmer
von Roisin Maguire

Rau wie die See selbst mit einem weichen Kern

Worum geht’s?

Wir lernen Ballybrady, ein kleines Dorf an der irischen Küste und seine Bewohner kennen. Allen voran die kratzbürstige Grace, die ein recht zurückgezogenes Leben führt und sich nebenbei Geld dazuverdient, indem sie ein Cottage an Touristen vermietet. Touristen wie Evan, der nach einem harten Schicksalsschlag wenigstens für einige Zeit vor seinem Leben fliehen will. Dann kommt der Lockdown, Evan strandet in Ballybrady und lernt dort dank Grace und den übrigen Dorfbewohnern, dass es auch in den düstersten Momenten Hoffnung gibt.

Wie war’s?

Ich war von diesem Roman hellauf begeistert. Die gesamte Küstenatmosphäre erwacht auf wunderbare Weise zum Leben und man begleitet die Protagonisten auf Schritt und Tritt. Dieses Buch hat mich in den Urlaub auf die Nordseeinsel Juist begleitet und ich habe beim Lesen des Öfteren gedacht: Ja, genauso muss es sich im Lockdown an der Küste angefühlt haben, als die Bewohner von jetzt auf gleich unter sich waren.

»Als sie das Gefühl hinterfragte, stellte sie überrascht fest, dass ihr tatsächlich etwas fehlte. Keine Touristen. Keine Trottel aus der Stadt außer dem einen im Cottage. Ohne die ganzen nervigen Armleuchter war der Ort gespenstisch still. Das Meer rauschte Beifall heischend am Strand herum, und auch sie kam sich komisch vor, ohne Kontext, regelrecht haltlos.«

Vor allem die auf den ersten Blick sehr kratzbürstige, raubeinige Grace mit ihrem wunderbar trockenen Humor ist mir beim Lesen richtig ans Herz gewachsen. Auch sie trägt nach einem schlimmen Erlebnis einiges an Gepäck mit sich herum und man erfährt nach und nach, warum sie sich nach außen so unnahbar gibt. Die Entwicklung, die sie im Laufe des Buches durchmacht, finde ich beachtlich.

 

Fazit

Auf den ersten Blick habe ich bei diesem Roman gedacht: o je, Corona und Lockdown, wer hat denn darauf noch Lust? Doch das ist eines der Bücher, die ich nach dem Lesen wehmütig zugeklappt habe, etwas traurig, dass es schon vorbei war. Gerne hätte ich Grace, Evan, seinen Sohn Luca und die Bewohner von Ballybrady noch ein wenig länger begleitet. Roisin Maguires Schreibstil gefällt mir sehr und ich werde die Autorin auf jeden Fall im Auge behalten.