Rezension

Lockdown ****

Mitternachtsschwimmer -

Mitternachtsschwimmer
von Roisin Maguire

Bewertet mit 4 Sternen

Evan erlebt eine schwierige Zeit und möchte eine Woche lang Abstand nehmen von seiner Familie und seiner Arbeit. Dazu zieht es ihn aus Belfast in die kleine Ortschaft Ballybrady an der irischen Küste. Grace, eine verschrobene, zurückgezogene Frau, welche aber hart zupacken kann und im Einklang mit der Natur lebt, verdient sich ihr Geld unter anderem durch das Vermieten eines kleinen Häuschens, diesmal an Evan. Während der junge Mann sich nur langsam zurechtfindet in der neuen Umgebung, heißt es Lockdown aufgrund einer weltweiten Pandemie, sein Firmenkompagnon stellt Aufträge zurück, seine Frau will, dass er länger fortbleibt. Lockdown also auch in der Familie.

Voller Empathie und mit einem rechten Blick für die heilende Natur entwirft Roisin Maguire diese erfrischende Erzählung rund um Evan, der nach einem traumatischen Erlebnis erst wieder Halt finden muss. Was ihn quält, erfährt der Leser erst im Laufe der Zeit, alles entwickelt sich recht langsam und ruhig, genau so, wie auch der Schreibstil der Autorin Ruhe und Gelassenheit vermittelt. Bisweilen wird es sogar poetisch, beispielsweise dann, wenn vom Tanz der Sonnenstrahlen auf dem Wasser (kindle, Pos, 376) die Rede ist. Besonders gut gelungen ist die Szene mit Becky, ab der Evan anfängt über das Unglück in seinem Leben nachzudenken, und ob er vielleicht seinen Blickwinkel ändern sollte, um aus dem Tief wieder herauszukommen.

Der Corona-Lockdown spiegelt einerseits den persönlichen Lockdown Evans wider und hält ihn andererseits durch die Bewegungseinschränkungen in Irland an Ort und Stelle fest. Aber auch ohne die schicksalhaften Pandemiezwänge – welche mit Händedesinfektion und Masken bisweilen unnötig vom Geschehen ablenken – enthält die Geschichte genug tiefgehende und ernsthafte Themen, welche Maguires Leser berühren und nachdenklich stimmen. Ihre Charaktere stellt sie sehr realistisch und glaubwürdig dar, die Kulisse Nordirlans mit der rauen See und den schroffen Felsen umrahmt die Handlung perfekt.

Ein ruhiger Roman, der mittels bildhafter Erzählweise und ungewöhnlichen Figuren punkten kann. Ich vergebe gerne vier Sterne.