Rezension

Klassische Gruselgeschichte

Haus der Geister - John Boyne

Haus der Geister
von John Boyne

Bewertet mit 4 Sternen

Die junge Frau Eliza Caine sucht nach dem Tod ihres Vaters einen Neuanfang und nimmt die Anstellung als Gouvernante im Hause Gaudlin Hall an. Doch zu ihrer Verwunderung scheint sie die einzige Erwachsene in Gaudlin Hall zu sein und ist mit den Kindern ganz allein, denn Auskunft über den Verbleib der Eltern erhält sie nicht, der Hausanwalt empfängt sie nicht einmal und die vorherige Gouvernante hat Hals über Kopf den Ort verlassen.

Und noch dazu scheint ihr Gaudlin Hall sagen zu wollen, dass sie lieber wieder gehen soll, als sie mehr als einmal bei mysteriösen Unfällen fast ihr Leben lässt.

Diese Spukgeschichte ist in den 1860er-Jahren angesetzt und wartet mit den typischen Elementen seiner Art auf: ein altes Herrenhaus, abseits der Ortschaft, ganz einsam gelegen, ein mysteriöses Geschwisterpaar, das kaum das Haus zu verlassen scheint und unheimliche Vorkommnisse, die der Gouvernante zu verstehen geben, dass sie hier nichts verloren hat.

Trotz dieser charakteristischen Merkmale ist es dem Autor meiner Meinung nach nicht ganz gelungen, eine gruselige Atmosphäre zu schaffen. Obwohl die Geschichte um Eliza Caine, die vielen Rätsel und das unheimliche Ambiente vortrefflich beschrieben sind, hat man die Handlung rasch durchschaut und hat der vielen Rätsel Lösung viel schneller als die Protagonistin parat, was zwar die Spannung ausbremst, das Lesevergnügen im Ganzen aber keineswegs mindert.

Dank des unkomplizierte Schreibstils geht man mit Eliza Caine den Geheimnissen um Gaudlin Hall auf den Grund, erkundet das Anwesen und versucht durch die Dorfbewohnern und den Anwalt mehr über ihre Arbeitgeber zu erfahren. Hier habe ich mich gefühlt, als wäre ich der Geist, welcher der Gouvernante über die Schulter blickt und hilflos versucht, ihr einen Knuff in die richtige Richtung zu geben.

Der Autor selbst macht keinen Hehl daraus, dass er sich an den klassischen Gruselgeschichten à la Charles Dickens orientiert, verweist häufig auf dessen Werke und räumt dem unnachahmlichen Vorbild sogar eine kleine Nebenrolle ein, was mir besonders gut gefallen hat.

Nichtsdestotrotz, ist es eine richtig gute klassische Gruselgeschichte, die ich sehr gern gelesen habe und die mich ausgezeichnet unterhalten hat. Ich würde mal sagen, für Einsteiger ins Mystery-Genre eine wohlgewählte Lektüre, die dann vielleicht doch dem einem oder anderen das Fürchten zu lernen vermag.

© NiWa