Rezension

Letzte Reise

Reise nach Laredo -

Reise nach Laredo
von Arno Geiger

Bewertet mit 4.5 Sternen

Vor einiger Zeit hat Karl V. Abgedankt. Nun verbringt er seine Tage in Yuste in einem Landhaus nahe bei einem Kloster. Im Jahr 1558 ist der für die damalige Zeit schon ein älterer Herr, der seine Gesundheit nie geschont hat. Entsprechend schlecht ist sein gesundheitlicher Zustand. Eines schönen Tages will er ein Bad nehmen. Gerne würde er mehr Zeit mit seinem Sohn Geronimo verbringen, der allerdings nicht offiziell sein Sohn ist. Der Junge weiß nichts von seinem Vater. Karls letzter großer Traum ist eine Reise ans Meer nach Laredo. Der Gedanke, gemeinsam mit Geronimo könnte er sich auf den Weg machen, lässt ihn nicht mehr los.

 

Wie Empfindungen hegt ein abgedankter Herrscher, der in seiner Zurückgezogenheit eigentlich nichts mehr zu tun hat als seinen Gedanken nachzuhängen. Reflexionen über die Zeit seiner Herrschaft. Hat er alles richtig gemacht? Eroberungen, Kriege, die Vermählungen seiner Töchter aus Gründen, die dem Land diesen sollten. Und Geronimo, für dessen Zukunft er nichts tun kann oder will. Soll er dessen Position verbessern? Wenigstens mehr Kontakt könnte er mit ihm haben. Der Elfjährige ist so erfrischend ehrlich und impulsiv. Wenn Karl mit dem Jungen zusammen ist, hebt sich seine Stimmung gleich. In seinem Alter eine Reise? Das wäre was.

 

Beim Lesen des Klappentextes kann man sich fragen, ob die Thematik so packend ist. Wenn man jedoch die ersten Seiten aufblättert und beginnt zu lesen, merkt man gleich, dass einen die Sprache gefangen nimmt. Das Innenlebens eines alten Mannes, der sein früheres Leben aufgegeben hat und es damit auf eine Art wieder selbst in die Hände genommen hat. Die Beschäftigung mit seinem Leben, der Wunsch, seinem Sohn etwas näher zu kommen, seine schmerzhaften Krankheiten und Altersbeschwerden, das ist eine zeitlose Mischung, die auch heute interessant ist. Und auch die Beschreibung der Reise hat es in sich. Kann es sein, dass wenn eigentlich alles schon vorbei ist, das Leben doch noch etwas in Petto hat. Man wünscht es Karl.

 

Der Weg ist das Ziel könnte man meinen, wenn man das sehr gelungene Cover sieht.

 

Der Roman ist für den österreichischen Buchpreis 2024 nominiert. Die Jury hat damit eine gute Wahl getroffen.

 

4,5 Sterne