Rezension

Lustiger Münchenroman mit interessanter Wurst-Philosophie

Sülze hilft gegen alles außer Heimweh - Moritz Baumstieger

Sülze hilft gegen alles außer Heimweh
von Moritz Baumstieger

Bewertet mit 4.5 Sternen

„Sülze hilft gegen alles, Bürscherl. Außer gegen Heimweh. Dagegen hilft nur, eine neue Heimat zu finden.“

ZUM INHALT:
Nachdem Moritz auf dem Kölner Karneval ein fesches Mädchen aus München kennengelernt hat, zieht er spontan in die bayerische Landeshauptstadt. Dummerweise hat Moritz schon seit geraumer Zeit sein Studium geschmissen und lebt so in den Tag hinein, ohne Job, ohne Geld. Und so wirft ihn Julia nach 7 Wochen wieder aus der Wohnung, weil sie sein Nichtstun und seine (Not-)Lügen nicht mehr erträgt.
Das Buch beginnt mit einem verheulten Moritz, der nun wortwörtlich auf der Straße sitzt. Zu seinem Glück landet er ausgerechnet vor Karls Metzgerei. Von diesem erhält er nicht nur eine warme Mahlzeit, sondern auch ein Dach über den Kopf und einen Job. Moritz soll nämlich, so beschließt der verschrobene Karl, Metzger werden!
Unglücklicherweise stellt sich schnell heraus, dass Moritz dazu nicht taugt. Und so jobbt sich Moritz dank Karls Kontakten munter durch München – als Bedienung auf der Wiesn, Schwammerl-Verkäufer auf dem Viktualienmarkt, Museumswächter im Haus der Kunst, Türsteher im P1 und Rikschafahrer. Und so ganz nebenbei lernt Moritz nicht nur seine neue Heimat kennen und schätzen, sondern entwickelt sich selbst auch weiter.
Bei Karl hingegen läuft es nicht ganz so gut. Zwar hat er für Moritz immer einen guten Tipp aus seiner Wurstphilosophie parat, doch selbst kann der einsame Witwer nicht über seinen Schatten springen. Mit den Frauen will’s nicht so recht klappen, und auch die Metzgerei läuft alles Andere als gut. Da bringt die Erfindung des „China-Krachers“ auch nur wenig merklich Schwung in den Laden. Außerdem hat Karl ein Geheimnis, das die Metzgerinnung besser nicht spitz kriegen sollte...
Wird es für Moritz und Karl ein Happy End geben? Wir werden sehen bzw. lesen...

MEIN SENF ZUR WURSTPHILOSOPHIE:
„Sülze hilft gegen alles außer Heimweh. Wie mir mein Metzger die Welt erklärte“ ist Moritz Baumsteigers Debüt als Romanautor. Und als waschechte Fränkin (Prima gemacht mit dem sehr kurzen „Vorwort“ von Erwin Pelzig, dem Mittler zwischen Franken und Bayern!), die bekannterweise nicht mit Komplimenten zu inflationär um sich wirft, kann ich dazu nur sagen: „Ja, passt scho!“ oder noch besser „Kamma lesn!“ Das Buch liest sich sehr flüssig, und man kann es – wenn man die Zeit hat – in einem Rutsch durchlesen. Leuten, die das Buch mangels Zeit in Portionen lesen müssen, wird mit den teilweise sehr kurzen Kapiteln entgegen gekommen.
Die Sprache ist locker-flockig, Umgangssprache der jungen Leute eben. Nur der Karl schwafelt ein bisschen neunmalklug daher, der hat ja auch schon ein paar Jährchen mehr auf der Metzgersschütze und zudem mal Philosophie studiert. Sowohl Moritz als auch Karl spielen viel mit Metaphern, die teilweise wirklich zum Schießen sind! (Natürlich drehen sich Karls Metaphern und Vergleiche ausschließlich um die Wurst!) Auch immer wieder schön, wenn ein paar Bayern in ihrem Dialekt parlieren dürfen, der darf natürlich nicht in einem München-Buch fehlen! Und Karls Dialekt ist nicht so stark ausgeprägt, dass man sich daran so sehr erfreuen könnte wie z. B. am Dialekt von Viktualienmarkt-Lydia oder des irakischen Museumswärters Gabi, übrigens ein Verwandter von Saddam Hussein persönlich!
Anfänglich mochte ich Moritz nicht. Ich fand ihn sowohl naiv (Der überstürzte Umzug von Köln nach München aus einer Karnevalslaune heraus, nur weil das Mädel so schöne blonde Haare hat...) als auch charakterschwach (Er leiht sich Geld, das er nicht zurückzahlen kann und lügt seine Freundin an.). So nach und nach verdient sich Moritz jedoch meine Sympathien, und am Ende musste ich anerkennen: „Ja, das Bürscherl taugt ja doch was!“
Der verschrobene Karl ist ein Unikum. Mehr kann ich dazu nicht sagen, seine Wurstweisheiten muss man selbst gelesen haben.
Die Nebencharaktere passen allesamt irgendwie einfach rein in Moritz‘ lustige kleine Weißwurstwelt. Die zickige Alex, die sich dann doch als ganz nett entpuppt und wo man sich ständig fragt: „Ja geht da noch was?!“. Der gechillte beste Freundin Konstantin, die resolute Frau Mautner und deren noch resolutere Tochter usw.usf.
Und noch ein letztes Wort zur Aufmachung des Buches: Das Cover ist schön bunt, auch wenn natürlich die Farben weiß und blau ganz leicht dominieren. Die Schriftgröße ist angenehm, die Schriftart – Times New Roman halt. Die Einteilung der Kapitel ist schlicht, aber hübsch.

Fazit: Ich fühlte mich gut unterhalten, und darauf kommt’s bei einem Buch ja auch an! Außer man erwartet schwere, hochanspruchsvolle Kost – dann holt euch halt Dostojewski, Grass oder so einen Schmarrn! Wer aber nach leichter Unterhaltung dürstet, der darf hier gerne ungeniert zugreifen! So, und jetzt geht’s halt einfach amal lesn, würd ich sagn! Denn schon Konfuzius wusste: „Die Seele aller Dinge liegt in der Wurst.“