Rezension

Mord und Liebe zur Zeit des Goldrausches

Die Gestirne - Eleanor Catton

Die Gestirne
von Eleanor Catton

Im Rauchersalon seines Hotels trifft Walter Moody auf zwölf Männer, die eine geheime Versammlung abhalten, um einen Mord aufzuklären. Nach und nach erzählen sie Moody, was sich in den letzten Tagen in der kleinen Goldwäscherstadt in Neuseeland zugetragen hat. Jeder einzelne dieser zusammengewürfelten Gesellschaft ist auf unterschiedlichste Weise in die Geschehnisse verwickelt, doch erst aus allen Sichtweisen lässt sich das Gesamtbild rekonstruieren und die Tat aufklären.

Ein Großteil des Buches besteht aus Rückblenden. Es dauert beinahe 500 Seiten, bis die Geschichte nicht mehr nur aus Erzählungen besteht, sondern sich in der „Gegenwart“ befindet. Das macht aber überhaupt nichts aus, weil die einzelnen Teile unglaublich spannend sind. Um „Die Gestirne“ genießen zu können, sollte man etwas Zeit zum Lesen einplanen, denn wenn einen dieser Wälzer einmal gepackt hat, gibt es kein Entkommen mehr und man versinkt völlig im Neuseeland des vergangenen Jahrhunderts. So ging es zumindest mir. Anfangs war ich skeptisch, ob die Handlung mich wirklich zu fesseln vermag, aber an jeder Stelle des Buches tauchen unendlich viele Fragen auf und die Spannung wächst mit jeder Seite.

Ein besonderer Pluspunkt ist die unglaublich tolle Sprache. Eleanor Catton beschreibt sehr detailiert und einprägsam. Ihre Sprache ist langsam und gleichzeitig sehr fesselnd. Viele Sätze habe ich mehrfach gelesen, zum einen, um sie aufgrund ihrer Komplexität überhaupt richtig fassen zu können und zum anderen, weil sie so schön waren.

Sollte ich eine Hauptperson nennen, könnte ich es nicht. Zu viele Personen sind zu wichtig und jeder Person wird im Roman ausreichend Platz eingeräumt. Keiner sticht besonders hervor und bleibt blass im Hintergrund. Alle Personen sind unglaublich lebendig beschrieben und man hat das Gefühl, dass es diese Menschen wirklich gegeben haben muss. Am Anfang hatte ich befürchtet, bei der Menge an Personal schnell den Überblick zu verlieren, aber dadurch dass alle unglaublich individuell beschrieben wurden, bin ich so gut wie nie durcheinander geraten.

Ein bisschen schade fand ich, dass gegen Ende nicht alle Fragen zufriedenstellend beantwortet wurden. Einiges blieb offen, beziehungsweise lässt sich nur erahnen. Vielleicht wäre hier noch Raum für eine Fortsetzung? Ich würde mich sehr freuen.
Gegen Ende gewinnt der Roman noch einmal unglaublich an Fahrt, aber leider nicht nur im positiven Sinne. Wenn zuvor unglaublich detailiert und fesselnd beschrieben wurde, rast Catton jetzt nur so durch die Handlung. Die Kapitel sind kaum noch länger als drei, vier Seiten und es macht ein bisschen den Eindruck als hätte die Autorin keine wirkliche Lust mehr gehabt und wollte einfach nur noch zu einem Ende kommen. Das ist ein bisschen schade.

Alles in einem hat mir „Die Gestirne“ sehr gut gefallen. Ich hatte einige tolle Lesestunden in denen ich so ganz nebenbei noch einiges über Goldwäscher und Neuseeland erfahren habe. Das Ende ist ein bisschen enttäuschend, aber insgesamt ist dieses Machwerk derart beeindruckend, dass das keinen großen Abbruch tut. Vor allem wenn man bedenkt wie jung die Autorin noch ist, ist dieser Roman eine unglaubliche Leistung, die zurecht mit dem Booker Prize ausgezeichnet wurde!