Rezension

Catton behält die Fäden in der Hand

Die Gestirne - Eleanor Catton

Die Gestirne
von Eleanor Catton

Bewertet mit 4 Sternen

Man vergißt schnell, wie dick dieses Buch ist und wie lang die Reise ... Eleanor Catton hat einen sehr kunstvollen Detektivroman geschrieben und ihn sowohl zeitlich wie räumlich in eine faszinierende Atmosphäre getaucht. Man will kaum glauben, dass der Roman ein Debüt ist. Einen Spritzer Magie da und dort, kann man vertragen. Das meiste aber kann man enträtseln.

Eleanor Catton ist die Puppenspielerin von Hokitika. In konzentrischen Kreisen tanzen durch mehrere hundert Seiten Detektivgeschichte ein Reeder, ein Tinkturmischer, ein Zeitungsfritze, ein Goldminenbesitzer und gleichzeitig Zuhälter, ein Banker, ein Hotelier, ein Regierungsangestellter, ein Kaufmann, ein Geistlicher, ein Kupfergräber, ein Goldgräber, ein Opiumhändler und ein Joker, d.i. ein Neuankömmling.

19. Jahrhundert, Goldgräberzeit. Man sucht sein Glück in der Neuen Welt. Doch die Greenhorns merken schnell, dass nicht alles Gold ist, was glänzt und man leicht auf die Nase fallen kann oder eins auf dieselbe drauf bekommt.

Die englische Krone hat sowohl ihr Rechtssystem wie auch ihre peinlichen Rassenvorurteile exportiert, so herrschen neben Recht und Gesetz auch Willkür und Großmannsucht. Die Puppen tanzen um das Goldene Kalb, also den Schatz, um Huren, um Liebe, um Alkhohol, Opium, Macht und um einen verschwundenen Koffer. Tarrotkarten werden befragt und eine Séance soll einen verschwundenen Mann zum Vorschein bringen.

Erstaunlicherweise hat Eleanor Catton die Fäden der Marionetten fest in der Hand und verwirrt sich auch auf Hunderten von Seiten nicht. Der Leser muss allerdings höllisch acht geben, dass er sich nicht verfängt im komplizierten Gefüge. Nur tröpfchenweise sickert die Wahrheit durch. Doch Wahrheit scheint eine Sache der Perspektive. Und nicht alles, was zwischen Himmel und Erde geschieht, scheint begreifbar.

Dass die Autorin ihren Haupt- und Nebenfiguren den zwölf Sternbildern und den Planeten und deren veränderlichen Konstellation am Himmel gleichsetzt und außerdem die Goldgräberatmosphäre der Neuen Welt aufleben lässt, ist ganz großes Kino! Deshalb hat sie mit „The Luminaries/Die Gestirne“ auch den Man Booker Prize 2013 abgeräumt.

Dieses Buch ist Kunst, auch wenn es sich „nur“ um eine Detektivgeschichte handelt. Aber das letzte Bildchen scheint verwackelt, die Planeten haben ihre Laufbahn eben nicht ganz vollendet, der Schluss schwächelt und passt nicht zum geschliffenen Rest. Kann auch sein, es ist zu guter Letzt Sternennebel aufgezogen. Wer weiß das schon?

Fazit: Auch sprachlich von der ersten bis zur letzten Seite auf hohem Niveau ist „The Luminaries, übersetzt „Die Gestirne“ eine phantastische Leistung einer jungen Autorin, die Bewunderung abnötigt. Kompliment an Eleanor Catton, die Puppenspielerin von Hokitika.

Kommentare

LySch kommentierte am 20. Februar 2017 um 17:35

Hab ich auf meinem Stapel liegem und bin schon ganz gespannt! :) V.a. nach der tollen Rezi!