Rezension

Nicht ganz ausgereift, aber spannend

Secrets - Ich fühle - Heather Anastasiu

Secrets - Ich fühle
von Heather Anastasiu

Die junge Zoe lebt in einer Welt, die mich zunächst an die des Filmes Equlibrium erinnert hat: die Menschen haben keine Gefühle mehr und dürfen auch keine haben. Sie sind reine Arbeiter, ohne eigenen Willen. Wer auffällt, vor allem durch Emotionen, wird deaktiviert. Ein harmloseres Wort für "getötet", schließlich sind es keine Roboter, sondern Menschen. Alle Menschen haben einen Chip implantiert, der sie mit dem Link verbindet. Über ihn bekommen sie Nachrichten, Anweisungen, Aufträge. Zoe nennt es verbunden sein. Solange sie verbunden ist, kann sie nicht selbst denken, sie kann sich nicht konzentrieren. Doch seit einiger Zeit häufen sich bei Zoe Auffälligkeiten. Sie gleitet aus dem Link, ist plötzlich unverbunden, kann fühlen und ihre Umgebung wahrnehmen. Niemand darf davon erfahren, vor allem nicht die Regulatoren, denn sonst wird sie deaktiviert. Sie denkt, sie wäre allein. Doch dann trifft sie auf den Rebellenjungen Adrien und alles wird anders. 

Den Plot von Secrets - Ich fühle zusammenzufassen, ohne wichtige Twists preiszugeben, ist gar nicht so einfach. daher belasse ich es dabei. Secrets befördert den Leser in eine dystopische Welt der Überwachung und Ausnutzung. Was mir beim Lesen nicht aufgefallen ist, da mich die Geschichte richtig gut unterhalten hat, ist, wie stereotyp sie eigentlich aufgebaut ist. Ein Überwachungsstaat; eine weibliche Protagonistin, die anders ist; ein Rebellenjunge, der sie retten will; eine Dreiecksgeschichte; Verrat und Intrigen. Das Grundgerüst kommt einem bekannt vor und auch die Rollenverteilung zwischen Zoe und Adrien ist nicht unbekannt. Dass ausgerechnet Zoe über die größte Macht verfügt, aber nicht damit umgehen kann, ist mittlerweile zum Klischee geworden. Was mir an Secrets so gut gefallen hat, ist, dass man bis zum Ende nicht wirklich wusste, wer auf Zoes Seite steht. Die Autorin hat es geschafft, dass man den Figuren vertraut und dann, ganz allmählich, wie Zoe anfängt an ihnen zu zweifeln. Niemand ist so gut oder böse wie er scheint, es gibt viele Grauzonen und auch jetzt weiß ich noch nicht, was ich von der einen oder anderen Figur halten soll. Mir gefällt diese Undurchschaubarkeit der Motive, diese Tiefe und Vielschichtigkeit. Die Figuren haben mehr Geheimnisse und Beweggründe, als es zunächst den Anschein hat. 

Secrets bringt nicht unbedingt frischen Wind ins Genre der Jugendbuchdystopie, aber es bietet spannende Unterhaltung. Ich hätte mir gewünscht, etwas mehr über diese V-Chips zu erfahren und über die Fähigkeiten, die bei manchen daraus erwachsen sind. Es wird sehr viel Fokus auf die Dreiecksgeschichte gelegt, ich hätte lieber mehr über die Welt erfahren, in der Zoe lebt. Vor allem Hintergrundinformationen fehlen. Es wird nur erwähnt, dass die Menschen unter der Erde leben, weil die Oberfläche verseucht wurde. Später erfährt Zoe einen Bruchteil der Wahrheit und beginnt allmählich zu begreifen, wie furchtbar der V-Chip ist, aber das bleibt für meinen Geschmack zu schwammig.