Rezension

nichts für schwache Nerven

Die falsche Zeugin -

Die falsche Zeugin
von Karin Slaughter

Bewertet mit 4 Sternen

Karin Slaughter ist eine dieser Autorinnen, die seit Jahren kontinuierlich guten Stoff abliefern und deren Thriller ich immer mit großer Begeisterung lese. "Die falsche Zeugin" war für mich, obwohl wirklich spannend und absolut fesselnd, hart an der Schmerzgrenze. Ich habe dieses Jahr schon mehrfach festgestellt, dass ich diese Bücher voller Gewalt und sexuellem Missbrauch an Frauen und Kindern einfach nicht mehr ertrage, vor allem wenn er detailreich und in seiner ganzen Abartigkeit beschrieben wird. Ich hasse diese Art von Büchern, die mir beim Lesen körperlich und vor allem seelisch wehtun. Dieses Buch ist meiner Meinung nach nichts für schwache Nerven und zartbesaitete Leser.

Zum Inhalt: Leigh führt ein Leben, von dem andere träumen. Sie ist Anwältin in einer großen, erfolgreichen Kanzlei, ihre Tochter geht auf eine gute Privatschule und die genießt die Annehmlichkeiten finanzieller Sicherheit. Was auf den ersten Blick so behütet wirkt, ist hart erarbeitete Fassade, denn Leigh versteckt dahinter eine schreckliche Kindheit, die geprägt war von Gewalt und Armut. Doch Leigh hat nach einer schicksalhaften Nacht den Absprung geschafft. Als sie unerwartet den Fall einer Kollegin übernehmen und einen mutmaßlichen Vergewaltiger verteidigen soll droht ihre Vergangenheit Leigh einzuholen. Denn sie kennt ihren vermeintlichen Mandanten. Und er weiß auch wer Leigh ist und was sie vor Jahren getan hat, als ihre Kindheit abrupt zu Ende war. Und er wird Leigh dafür leiden lassen. 

Karin Slaughter ist nicht zimperlich, war sie nie. Wer ihre Bücher kennt und sich aktiv für sie entscheidet, der weiß das. Ich muss auch sagen, dass man nach Jahren als Thrillerfan irgendwann abgehärtet ist gegen Gewalt und Tod. Was mich aber nie kalt lassen wird ist Gewalt und Missbrauch an Kindern. Und auch sexueller Missbrauch generell hat im Laufe der Me-Too Debatte nochmal einen Aufschwung als Thema erfahren, auch in Richtung Rachethriller. Das Thema ist also nicht neu, was Karin Slaughter hier aufgreift, trotzdem erwischt es mich jedes Mal eiskalt. 

Das Buch ist in typischer Manier sehr bildlich und detailliert geschrieben, was mir im Falle des vorliegenden Themas too much war. ich musste das Buch immer wieder beiseite legen und mich anderweitig beschäftigen, weil es mich sonst fertig gemacht hätte. Ich wollte das Buch eigentlich auch meiner Mutter zu Weihnachten schenken aber ich will nicht, dass sie sowas liest. Das Buch ist ohne Frage total packend und der Fall wirklich spannend aufgezogen. Die Atmosphäre die Slaughter in diesem Thriller schafft ist beklemmend, eindringlich und nervenaufreibend- also alles was ein guter Thriller haben sollte. Von daher ist das Buch eigentlich absolut großartig-Chapeau an die Autorin. Ich habe mich selbst total unwohl und beobachtet gefühlt beim lesen. 

Leigh ist als Protagonistin absolut sympathisch und wirklich authentisch. Sie hat viel durchgemacht und so viel mehr noch zu verlieren, dass man zwangsläufig mit ihr mitfiebern muss. Ihre Entwicklung von professionell distanziert, zu ängstlich in eine Ecke gedrängt bis hin zu entschlossen, sich nicht schikanieren zu lassen, ist faszinierend zu beobachten. 

Für mich war dieses Buch eine Achterbahnfahrt. Es hat mich abgestoßen und sogartig gefangen genommen, ist brisant und trotzdem überholt in seiner Brutalität, ich liebe und hasse es zugleich. 

Kommentare

hobble kommentierte am 25. November 2021 um 08:28

was fürs wunschregal