Rezension

Oh je... das Ende

Shelter
von Ursula Poznanski

Bewertet mit 3 Sternen

Diese Rezension schmerzt. Dreiviertel von Ursula Poznanskis neuem Jugendthriller „Shelter“ ist – mit nur winzigen Abstrichen – großartig. So toll, dass ich sicher war, hier fraglos eine Fünf-Sterne-Perle in den Händen zu halten. Und dann? Absturz im letzten Drittel.

Eigentlich sollte es nur ein Scherz sein: Benny und seine Freunde denken sich eine völlig irre Verschwörungstheorie über Außerirdische aus, die den Körper von Menschen übernehmen und sich auf der Erde breit machen. Wird sich die Geschichte über die sozialen Medien herumsprechen? Werden sich Bekloppte finden, die sie glauben? Gespannt wartet die Clique ab, was passiert. Und tatsächlich: Immer mehr Leute nehmen die Sache für bare Münze. Benny hat bald ein ungutes Gefühl und möchte alles aufklären, aber die Verschwörungstheorie hat bereits eine gefährliche Eigendynamik entwickelt.

Was mich irritiert: Poznanski, die eigentlich nicht den Hang zum Pädagogisieren hat und das während ihrer Lesungen auch ausdrücklich betont, schwingt die Moralkeule (pandemiebedingt?) unerwartet energisch. Eines von zwei Problemen, die ich mit dem Buch hatte. Das andere Problem: Es mangelt teilweise stark an Glaubwürdigkeit.

Zunächst liest sich die Geschichte kurzweilig und fesselnd. Und natürlich gibt es auch wieder diese poznanskitypischen kleinen Rätseleien, an denen man sich als Leser*in abarbeiten kann, was Spaß macht. Zumal die Hauptfigur (wie eigentlich immer bei Poznanski) für eine enge Leser*innen-Bindung sorgt. Der wiederkehrende Blick in die sozialen Medien (Facebook und Instagram) lockert die Handlung zusätzlich auf. Am Stil gibt es nichts auszusetzen.

Ab der Hälfte beginnen sich kleine Längen einzuschleichen, die man verschmerzen kann. Dann gibt es plötzlich einen thematischen Schenker zur Afghanistan-Krise, die äußerst gezwungen wirkt. Weitere Kritikpunkte sammeln sich: Die Radikalität der Verschwörungstheoretiker erscheint in Anbetracht der umrissenen Zeitspanne unglaubwürdig. Aber auch das hätte ich dem Buch verziehen. Was ich wirklich schwach fand, ist die Überraschung gegen Ende. Das ist so weit hergeholt, so merkwürdig, dass ich raus war. Komplett. Auch, weil der Ton stellenweise aufdringlich und belehrend wird. Schade.

Fazit: Gegenwartsnahe, hochspannende Story. Richtig guter Jugendthriller, der leider völlig überladen und moralsauer ausklingt. Trotzdem muss man zugeben: Es gibt sehr viel schlechtere Bücher.