Pilgerreise mal anders
Bewertet mit 4 Sternen
"Die Canterbury Schwestern" von Kim Wright ist ein sehr angenehm zu lesender Frauenroman. Nicht trivial, aber auch nicht depressiv-belastend.
Ich habe schon viele Bücher über und rund ums Pilgern gelesen, oft auch sachliche Berichte, und muss gestehen: ich war oft gelangweilt bis enttäuscht.
Seitenlange Landschaftsbeschreibungen, immer wieder gleiches Gejammer über Blasen und wunde Füße ... fehlen in diesem Roman fast ganz.
Vielleicht liegt es daran, dass der Weg von London nach Canterbury nicht ganz so weit ist, vielleicht auch, weil dieser Weg nicht kommerziell bis zum Äußersten ausgereizt wurde, vielleicht, weil das Konzept des Buches ein ganz anderes ist.
Der Roman handelt nicht vom Pilgern, sondern von Che, einer Frau, in der Mitte des Lebens, erwachsen, mit beiden Beinen im Leben stehend, ernst und geerdet.
Mit ernsthaftem Beruf, erfahren und geordnet, erfolgreich, autark, stark.
Eigentlich ein erstrebenswertes Leben. Sie hat alles, was man in unserer Gesellschaft erstrebenswert hält und auf das jeder hinarbeitet.
Che´s Mutter ist gestorben. eine sehr individuelle Aussteigerin, die das Leben in vollen Zügen genoss und auslebte.
Und fast zeitgleich verlässt Che´s Partner die vermeintlich gut laufende Beziehung.
Alles Vorkommnisse, die Che nicht aus der Behn werfen. Erst als sie durch die postmortale Bitte der Mutter, den Pilgerweg nach Canterbury anzutreten, aus ihrem gewohnten Umfeld gepuscht wird, Zeit zum Nachdenken hat, andere Kontakte erfährt, wird ihr klar, dass Emotionen zu beherrschen kein dauerhaft erstrebenswerter Zustand ist.
Mir hat der Roman sehr gut gefallen, auch wenn viele Vorkommnisse vorhersehbar aufgebaut wurden, ich habe der Autorin jedes Geschehen "abgekauft", fand die Entwicklung sehr interessant, die Geschichte kurzweilig und lehrreich und habe mich gut unterhalten.
Es ist kein Roman, der mich für mein Leben prägt, mich verändert oder emotional völlig packt, daher 4 Sterne.