Rezension

poetischer Trilogieauftakt

Die Glocke im See - Lars Mytting

Die Glocke im See
von Lars Mytting

Bewertet mit 5 Sternen

Im norwegischen Gudbrandsdal beginnt 1880 eine spannende Geschichte, die Lars Mytting in „Die Glocke im See“ poetisch und sprachgewaltig als Auftakt zu einer Trilogie in Szene setzt. Der Ort Butangen  ist sehr abgelegen und scheint der Zeit hinterherzuhinken. Die Menschen verharren in der Tradition und führen ein hartes entbehrungsreiches  Leben, Veränderungen gibt es kaum. Astrid ist jung und wissbegierig. Sie passt mit diesen Eigenschaften nicht so recht in den Ort, zwei Heiratskandidaten hat sie bereits abgelehnt, denn Kinderkriegen und bei der Feldarbeit sterben hat sie nicht im Sinn. Zu dem Pfarrer Kai Schweigaard fühlt sie sich hingezogen, er kommt aus der Stadt und hat die Pfarrgemeinde  übernommen. Er strebt nach höheren Ämtern und will sich einen Namen machen, ob er Astrid hierbei an seiner Seite sehen will, ist ihm nicht klar. Er plant eine neue größere Kirche für den Ort zu bauen, hierzu muss die alte Stabskirche weichen. Die Kunstakademie Dresden möchte das alte Bauwerk gerne erwerben und sendet den jungen Architekturstudenten Gerhard Schönauer, um den Aufbau zu studieren und den Umzug der Kirche zu überwachen. Astrid verliebt sich in Gerhard, der weltoffen und modern daherkommt und ihr ein anderes Leben bieten kann. Die Beziehungen zwischen diesen drei Menschen wird durch die heimliche Hauptperson, die Stabskirche beeinflusst. Astrids Familie hat für diese Kirche einst die beiden Glocken gestiftet und auch einen berühmten Webteppich. Viele Legenden ranken sich darum. Astrid möchte die Kirche und die Glocken für den Ort erhalten.

Die einzelnen Protagonisten wurden liebevoll angelegt und gezeichnet. Jeder verfügt über ein besonderes Schicksal. Diese wurden gut miteinander verwoben und entstanden ist ein toller Auftakt zu einer Trilogie. Immer wieder kam es zu unvorhersehbaren Wendungen. Die Sprache Myttings ist poetisch und mystisch. Er beschreibt die Kälte und Dunkelheit so plastisch, dass man beim Lesen zur Jacke greift. Die Natur und die Bauwerke werden so detailgetreu dargestellt, dass das Kopfkino anspringt. Die Dunkelheit, die harte Arbeit, die Entbehrungen der Bevölkerung, der Umgang mit Krankheiten und den Tieren werden greifbar. Ein wunderbares Buch, das ich gerne gelesen habe und auf dessen Fortsetzung ich seit der letzten Seite warte. Historischer Roman, Mystik, Natur und Beziehungsgeflecht wurden hier wunderbar vereint. Ein Lesehighlight.