Rezension

Scary Movie

Silberne Geister -

Silberne Geister
von Silvia Moreno-Garcia

Bewertet mit 4 Sternen

„Montserrat hatte drei Leidenschaften:

Erstens Horrorfilme, zweitens ihr Wagen. Und an dritter Stelle Tristán.“

Vorab: Blutrünstigen Horror nach Art eines Stephen King darf man hier nicht erwarten, eher etwas im Stil von Shelley, Lovecraft, Poe oder E.T.A Hoffmann.

 Die kanadische Autorin Silvia Moreno – Garcia kehrt auch in „Silberne Geister“ wieder zu ihren mexikanischen Wurzeln zurück, wie in „Der mexikanische Fluch“ und „Die Tochter des Doktor Moreau“. Einmal mehr interpretiert sie den Schauerroman neu.

Da ich die Romane der Autorin bereits kannte, war ich auf ihre neueste Publikation gespannt.

Worum geht’s?

Back to the 90s!

Montserrat und Tristán sind alte Freunde. Die junge Frau kämpft in einer Männerdomäne um Anerkennung, als Tontechnikerin hat sie im Filmbusiness wenig zu Lachen. Tristán ist ein (mehr oder weniger) abgehalfterter Soapdarsteller, der in der Branche ebenfalls ums finanzielle Überleben kämpft. Da kommt ihm der Zufall zu Hilfe:

Der ehemalige Regisseur Abel Urueta zieht neben Tristán ein (Montserrat ist zufälligerweise ein großer Fan seiner Arbeit). Er bietet den beiden an, seinen letzten Film zu vollenden, da dieser nie fertiggestellt worden ist – eine große Chance für die Freunde (Montserrat hegt für den Beau indes mehr als nur freundschaftliche Emotionen). Sowohl der Schauspieler als auch Montserrat haben das Gefühl, in einer Sackgasse zu stecken, die Aussicht auf Erfolg motiviert sie ungemein. Doch der Film hat es buchstäblich in sich. Böse Geister werden heraufbeschworen, und für die Protagonisten beginnt ein Wettlauf gegen die Zeit …

 

Der Kniff, einen ominösen, nie beendeten (Horror)film ins Zentrum der Geschichte zu rücken, ist in der Literatur nichts Neues. Da ich dieses Motiv mag, habe ich schon einige Romane zum Thema Filmgeschichte gelesen, etwa „Die amerikanische Nacht“ von Marisha Pessl (die Geschichte rund um den mysteriösen Regisseur Cordova gehört zu meinen Favoriten) oder „Lichtspiel“ von Daniel Kehlmann (in der Erzählung geht es vor dem Hintergrund des Zweiten Weltkrieges ebenfalls um einen ‚verschollenen‘, nie beendeten Film). Im Vergleich zur „amerikanische[n] Nacht“ schneiden Moreno – Garcias „Silberne Geister“ etwas schlechter ab:

Die Autorin präsentiert einen wilden Genremix, in welchem die (erzählhistorisch manchmal arg strapazierten) Nazis mittels okkulter Riten sozusagen wieder zum Leben erweckt werden. Wie in allen ihren Romanen versucht die Schriftstellerin, eine Atmosphäre des Grauens (Horror eben) zu evozieren. Ob ihr das gelingt, muss jeder Leser selbst entscheiden.

Der erzählerische Fokus liegt über weite Teile der spannungsarmen Handlung nicht auf den Ereignissen, es geht eher um innere Prozesse und um die Charakterisierung der Figuren; die Sichtweise ist eine dezidiert feministische (manchmal geht es gar ins Identitätspolitische, was angesichts der Handlungszeit in den 1990er Jahren teils ahistorisch wirkt).

Der deskriptive Stil der Autorin sorgt ferner für gewisse Längen in der Geschichte, zumal die Umgebung bis ins kleinste Detail beschrieben wird. Manchmal wäre es besser, Dinge geschehen zu lassen, statt sie zu zerreden.

„Sillberne Geister“ hat mich dennoch gut unterhalten, da ich das slow burn trope gerne mag. Außerdem finde ich es gut, kein amerikanisches Setting und kein eurozentrisches Weltbild präsentiert zu bekommen, der Fokus liegt auf der mexikanischen (Kultur)geschichte.