Rezension

Selbstmörder für lukrative Aufträge gesucht!

Leere Herzen - Juli Zeh

Leere Herzen
von Juli Zeh

Bewertet mit 4 Sternen

Eigentlich wurde mir geraten, doch etwas anderes, wie gerade dieses Buch der Autorin zu lesen, aber ich habe Zeh als eine geschliffene Schriftstellerin kennengelernt, mit ungewöhnlichen Plots, die kritisch gegenwärtige Stimmungen in Politik und Gesellschaft aufgreifen und überspitzen. Damit daraus keine Satire wird, siedelt sie das Geschehen, wie schon in Corpus Delicti, in der mittelbaren Zukunft an. Im Text also lesen wir von Trump und Merkels Rückkehr auf die politische Bühne.

Vordergründig geht es um Brittas einzigartige Geschäftsidee, lebensmüde Kunden in einem psychologischen Programm zu testen, bis sie entweder ihre Freude am Dasein wiederfinden, oder nach 12 "erfolgreichen" Stufen als Selbstmordkandidaten an Terrorvereinigungen für Anschläge vermittelt werden. Alle Seiten zahlen gut, sowohl die Patienten, wenn sie vermeintlich echte Hilfe erhalten haben, als auch die Kunden, denen es bei bedingungslosem Grundeinkommen und steigender Ignoranz für gesellschaftliche Aufgaben und Pflichten, mehr und mehr am idealistischen Personal für die Durchführung ihrer Attentate fehlt.

Doch wo das Geld zu holen ist, taucht auch bald die Konkurrenz auf. Britta ahnt, dass mehr dahinter steckt. Die Anschläge waren dilletantisch, die Kandidaten eine schlechte Wahl. Britta und ihr Geschäftspartner kennen sie. Sie stammen aus ihrer eigenen Patientenkartei. Kopflos tappen sie in die gestellte Falle und entschließen sich, unterzutauchen.

Nun wird Britta das ganze Ausmaß ihrer Lebenseinstellung und die Gefährdung ihrer Familie bewusst. Sie ist dem Druck nicht gewachsen und nimmt Psychopharmaka, die sie auf ihren ganz eigenen Trip schicken.

Neben diesem rasanten Plot wird die eigentliche Botschaft gesendet, nämlich die Frage, wo uns unsere gegenwärtige Strategie, die Probleme in den Griff zu bekommen, hinführen könnte. Nebenschauplätze sind die technisierte Zukunft, der Verdruss der Gesellschaft und das Emporkommen radikaler Parteien im Rausch der Ignoranz.

Zeh schreibt mit wenigen Worten und viel Kontext, mit diffusem Ende, aber klarer Mission! Ich mag ihre Bücher.