Rezension

Seuche und Mord- Spannender historischer Krimi vor düsterer Kulisse

Die Henkerstochter und der Fluch der Pest - Oliver Pötzsch

Die Henkerstochter und der Fluch der Pest
von Oliver Pötzsch

Bewertet mit 4 Sternen

Wir sollten alle zu unseren Schutzpatronen gegen Pest und Seuchen beten, zum heiligen Sebastian und zur heiligen Corona“.

Die Pest breitet sich 1679 erneut in Bayern aus. Magdalena und Simon sind gerade mit ihren Kindern zu Besuch in Schongau bei Magdalenas Vater dem Henker Jakob Kuisl und dessen Sohn Georg, als der Scharfrichter von Kaufbeuren plötzlich dort auftaucht. Kurz bevor er tot zusammenbricht, bittet er seinen Freund Jakob, Kaufbeuren zu retten, denn dort spiele ein schwarzer Reiter, ein Mörder, zum Tanz auf. Mit Simon und Magdalena reist Jakob nach Kaufbeuren und wird Zeuge mehrerer mysteriöser Todesfälle. Die Opfer scheinen an der Pest gestorben zu sein, aber ganz untypisch kommt es nicht zur Epidemie. Ist die Pest dort etwa noch aufzuhalten? Magdalena muss sich zudem noch um ihre beiden Söhne sorgen: Peter sollte eigentlich in Kaufbeuren einen wichtigen Brief des bayrischen Thronfolgers zu überbringen, taucht aber nicht am Ziel auf. Und der oft unbeherrschte, temperamentvolle Paul, der bei Onkel Georg in Schongau bleibt, bringt sich selbst durch seine Neugier in Lebensgefahr.....

 

Oliver Pötzsch schreibt sehr flüssig, klar und gut verständlich. Der angenehm unkomplizierte Schreibstil macht es dem Leser leicht, in die Geschichte hineinzufinden, sich gar ganz in ihr zu verlieren und in die düstere Zeit des 17. Jahrhunderts einzutauchen.

 

Pötzsch Figuren sind mir mittlerweile sehr ans Herz gewachsen: Die schlaue scharfsinnige und vorwitzige Magdalena steht ihrem brummigen Vater in nichts nach, wenn es darum geht, ein Verbrechen zu wittern und es tatkräftig aufzuklären. Ehemann Simon, der mittlerweile in München als Arzt arbeitet, macht die Verbrecherjagd ebenso viel Freude, doch geht er die Dinge etwas theoretischer an, studiert lieber Bücher, während sich Magdalena und ihr Vater kopfüber ins Geschehen stürzen. Ein Henker ist sicherlich nicht unbedingt ein sympathischer Zeitgenosse, doch bei Jakob Kuisl vergisst man regelmäßig, welcher grausamen Tätigkeit er eigentlich nachgeht. So unangenehm sein Beruf, so sympathisch und menschlich wirkt er auf mich. So kümmert er sich engagiert um Kranke und Verletzte und seine Familie ist für ihn das Wichtigste überhaupt. Simon, Magdalena und Jakob sind definitiv ein interessantes, äußerst unterhaltsames Detektivtrio. Auch Peter, Paul und Sophia, Magdalenas Kinder oder ihre Geschwister Barbara und Georg sind Figuren mit großem Potenzial, deren Entwicklung mich immer neugieriger machen. 

 

Oliver Pötzsch hat einen zweifelsfrei fesselnden, stellenweise aber etwas abstrusen Kriminalfall konstruiert. Bis zum Ende bleibt es spannend und mehr als einmal verdächtigt der Leser den Falschen. Langweilig wird es dabei nie. Das Ende kommt recht unerwartet, scheint aber logisch und stimmig.

 

Der Autor beteuert im Nachwort, nicht beabsichtigt zu haben, einen Roman mit Anspielungen auf die aktuelle Corona-Pandemie schreiben zu wollen. Als er mit dem umfangreichen Buch anfing, waren die Ereignisse noch ganz weit weg. Mit dem Corona-Ausbruch gewinnen manche Ereignisse im Roman eine ganz neue Bedeutung, sind dem Leser nun viel nachvollziehbarer und realistischer.  

Nach ein, zwei schwächeren Romanen aus der Reihe hat mich „Die Henkerstochter und der Fluch der Pest“  erneut überzeugt. Ich habe den historischen Krimi sehr gerne gelesen, hatte trotz erschreckender Parallelen zur aktuellen Situation einige kurzweilige, unterhaltsame Lesestunden und bin beim nächsten Fall gerne wieder mit von der Partie.