Rezension

Süßholz raspeln

Das schwarze Gold des Südens -

Das schwarze Gold des Südens
von Tara Haigh

Bewertet mit 4 Sternen

Süßholz, die unbekannte Wurzel

Auch wenn der Begriff ‚Süßholz raspeln‘ eher meint, dass mir jemand ‚um den Bart geht‘ und eine Situation verschönt darstellt, mich schöner und süßer macht als ich in Wirklichkeit bin – der Begriff stammt daher, dass man das Süßholz tatsächlich raspeln muss. Das Echte Süßholz (Glyzyrrhiza glabra) ist eine medizinische Pflanze, bereits in der Antike bekannt und mit einer stärkeren Süßkraft als Rohrzucker (50 mal mehr). Daher war es wirklich das Schwarze Gold, denn es wurde schon immer in Süßigkeiten und als Medizin verwandt. Die Pflanze stammt aus dem Mittelmehrraum (Süden!) und ist frostgefährdet.

Es wurde nur im Bamberger Raum angepflanzt (bzw. heute wieder).
Das Titelbild, die junge Frau inmitten von Süßholzpflanzen, in einer Farbgestaltung, die an den Süden – flirrende Sonne und rotgoldene Sonnenuntergänge – denken lässt, zog mich an.

Die beschriebene Geschichte spielt tatsächlich im Bamberger Raum.
Amalie, eine Tochter des Süßholzfabrikanten, kontrolliert eine Ladung der Holzwurzeln. Dabei erklärt die Autorin, wie das Süßholz verarbeitet wird. Die schwarzhaarige Amalie, schwarz wie die Süßholzwurzel, ist eher die praktisch Veranlagte der Töchter, wenn es um das Geschäft geht. Während die blonde Elise hochfliegende Pläne entwickelt, Lakritzpastillen, Lakritzpralinen, Lakritzsüßigkeiten. Doch der konservative Vater will davon nichts wissen, auch wenn das  Geschäft schlecht läuft. Der Wurzeltöter, der die Süßholzwurzeln befällt, vermiest das Geschäft. Aber der Vater ist nicht bereit neue Wege zu beschreiten.

So muss eben Elise diese neuen Wege selbst erkunden. Schließlich brennt sie nach Paris durch mit ihrer großen Liebe, versucht sich tatsächlich an ihren Lakritzpralinen, während ihr Begleiter am Bau des Eiffelsturms beschäftigt ist. Unterdessen hat sich Amalie traditionell verheiraten lassen und unternimmt mit ihrem Vater geschäftliche Italienreisen.

Es handelt sich um eine interessante Familiensaga um das Geschäft der Süßholzwurzel, aber vor allem geht es um die beiden Schwestern. Ein historischer Roman, Bamberg, Paris und Italien im 19. Jahrhundert, sehr bildhaft beschrieben, über einen Stoff, der bisher in dieser Form nicht behandelt wurde – eben das Süßholz. Doch das Süßholz – Bärendreck – aus Bamberg hat eine tiefgehende historische Dimension. Im 21. Jahrhundert wird auch wieder Süßholz in Bamberg angepflanzt.