Rezension

Tolle Idee - mittelprächtige Umsetzung

Eene Meene - M. J. Arlidge

Eene Meene (grün)
von Matthew J. Arlidge

Bewertet mit 3 Sternen

Eene Meene ist der Auftakt einer Reihe um die englische Polizistin Helen Grace.

Sam und Amy werden entführt und in ein tiefes, unbenutztes Schwimmbecken gesperrt. Es gibt keine Möglichkeit zu entkommen. Sie haben weder Nahrung noch Wasser, nur eine Pistole mit einer Kugel und über Handy eine makabre Anweisung bekommen. Einer soll den anderen erschießen, dann wird er freigelassen. Tut es keiner, sterben beide qualvoll. Hier hätte ich mir gewünscht, mehr über die innere Zerrissenheit der Opfer, über ihre Zweifel und seelischen Qualen zu lesen. Doch die sind mit zwei, drei Sätzen abgetan. Es fällt ein Schuss, die Spannung ist erledigt.

Schon bald gibt es zwei neue Entführungsopfer, ähnliches Schema. DI Helen Grace ist schnell klar, dass sie es hier mit einem Serientäter zu tun hat. Doch kann sie die Verbindung zwischen den Opfern lange nicht sehen. Ich selbst hatte nach 90 Seiten schon einen Verdacht in die richtige Richtung ;-)

So gibt es noch ein paar Opferpärchen, die recht schnell abgehandelt werden. Dazu kommen einige nebensächliche Erzählstränge, um den Leser zu verwirren. Das ist ja legitim, macht das Buch aber auch nicht wirklich spannender.

Die Figuren bleiben alle relativ farblos, es fehlt ihnen einfach an Tiefe. Selbst Helen, die ich anfangs für eine starke Ermittlerin hielt, lässt viele Fragen zu ihrem Charakter offen. Aber schließlich soll sie sich ja auch in weiteren Bänden der Reihe entwickeln können. Leider wurde sie mir im Verlauf des Romans immer unsympathischer. Sie handelt eher voreilig und überlegt danach, ob das nun so sinnvoll war oder ob sie damit ein Leben zerstört hat. Sie verstößt bewusst gegen alle Regeln und bringt sich damit in Lebensgefahr. Aber irgendwoher muss die Spannung ja kommen ;-)

Leider gibt es selten Zeitangaben, sodass man bei den parallel verlaufenden Handlungen oft im Unklaren ist, wann sich nun was abspielt, wie viel Zeit zwischen den einzelnen Szenen vergangen ist. Manchmal wäre das für das Verständnis schon notwendig zu wissen.

Gestört haben mich auch ein paar Ungenauigkeiten oder unverständliche Handlungsweisen der Personen. Zum Beispiel:

Laut Pathologen sind die Opfer mindestens zwei Wochen ohne Wasser ausgekommen. Die Regel ist, dass man 3 Tage ohne Wasser auskommen kann, in Einzelfällen mehr. Aber mehr als 14 Tage?

Die Kriminaltechnikerin schätzt ab, wie viel Benzin pro Minute aus dem Tank geflossen ist und mutmaßt dann, dass es mitten im New Forest ausgegangen sein muss. Hallo? Sie haben den Wagen doch dort gefunden, was gibt es da zu vermuten?

Ein Pärchen wird eine Woche lang in einer Wohnung im 4. Stock gefangen gehalten. Die Fenster lassen sich einen Spalt öffnen und die Frau ruft um Hilfe. Kann es sein, dass da eine ganze Woche lang niemand vorbeikommt und die Hilferufe hört?

Ein vergessenes Passwort für den E-Mail-Account bekommt man laut Arlidge, indem man einfach beim Provider anruft. Und so weiter und so fort.

Das hört sich jetzt vielleicht alles schlimmer an, als es ist. Das Buch ist aber sicher nicht schlecht, nur hätte man viel mehr daraus machen können.

Die Sprache ist sehr einfach, die Kapitel ausgesprochen kurz, zum Teil nur eine Seite lang. Ständig wechselt die Perspektive, was das Ganze wieder interessant macht. Man kann das Buch locker in ein paar Stunden lesen. Es ist einigermaßen unterhaltsam, aber eben nichts Besonderes, irgendwie 08/15.