Rezension

Von Gänsehaut keine Spur

Lily Frost
von Nova Weetman

Bewertet mit 1.5 Sternen

Nachdem sie sich das Haus in Melbourne nicht mehr leisten können, müssen Lily Frost, ihre Eltern und ihr kleiner Bruder aufs Land ziehen. Für Lily gibt es nichts Schlimmeres, da sie nicht nur ihre Heimat, sondern auch ihre beste Freundin Ruby zurück lassen muss. Doch etwas zieht sie magisch an in diesem Haus, es geschehen seltsame Dinge. Türen öffnen und schließen sich wie von Zauberhand, ihr Name ist in die Holzdielen geritzt und Lily hat das Gefühl, nicht ganz allein zu sein. Lily versucht herauszufinden, was mit Tilly passiert ist, dem Mädchen, das vor ihr in dem Haus gewohnt hat. Niemand will über ihr Verschwinden sprechen, also geht Lily der Sache selbst auf den Grund.

Meinung:

„Ein atmosphärisch dicht gewebter und fesselnder Mystery-Thriller mit Gänsehaut-Garantie!“ – so wird das Buch vom Verlag beschrieben. Leider kann ich dem nicht zustimmen. Ich hatte weder Gänsehaut noch habe ich mich in irgendeiner Weise gegruselt, da das „Gespenstische“ einfach nicht subtil war. Das Buch hält sich nicht viel mit Beschreibungen auf, wodurch keine geheimnisvolle/mysteriöse Stimmung aufkam. Das hat mich sehr enttäuscht, da das der Grund war, warum ich das Buch überhaupt lesen wollte.

Der Schreibstil ist plump und kindlich. Es hat mich zum Beispiel ein wenig aus der Bahn geworfen, als ich das Wort „Boah“ gelesen habe, das kam bisher in keinem Jugendroman vor, den ich gelesen habe. Auch die Dialoge waren zum Teil sehr unbeholfen und erzwungen. ("Und nun zu dir, Max. Was hat dir heute am besten gefallen?" - "Ich bin jetzt übrigens Kapitän der Basketballmannschaft.") Ich weiß nicht, wie viel Schuld ich auf die Übersetzung schieben kann, aber mir kam es wie ein Kinderbuch vor. Und wenn ich mir den Klappentext durchlese, erwarte ich einfach etwas anderes.

Die Charaktere, allen voran Lily, sind dementsprechend kindisch. Erst war ich irritiert, da ich ja schon viele Jugendbücher gelesen habe, aber keines hat so sehr „Pubertierender Teenager“ geschrien wie dieses. Allerdings finde ich im Nachhinein, dass dieses zickige und naive Verhalten wohl etwas realistischer für 15-jährige Teenager ist als es in den meisten anderen Jugendbüchern der Fall ist, in denen Jugendliche in dem Alter sich wie 20-jährige Verhalten. Dennoch haben mich die Zickereien und Eifersüchteleien, besonders zwischen Lily und Ruby, sehr genervt.
Lilys Handlungen konnte ich oft nicht nachvollziehen, meiner Meinung nach hat sie die Gespenster-Geschichte viel zu schnell geglaubt. Benommen hat sie sich wie ein Elefant im Porzellanladen, als sie andere nach Tilly gefragt hat. Ich konnte verstehen, dass sie wissen will, was passiert ist, aber muss man so penetrant sein und andere so bedrängen?

Andere Charaktere, die eingeführt wurden, waren klischeebelastet und eindimensional. Julia, Tillys beste Freundin, ist die beliebte Zicke, die Lily nicht leiden kann, und Danny ist ihr liebevoller Bruder, Tillys Ex-Freund und er verliebt sich natürlich in Lily, die er sofort unter seine Fittiche nimmt. Beide haben irgendein Geheimnis, sie weichen Lilys Fragen um Tilly immer aus. Leider hatte ich das Gefühl, dass sie nur den Zweck hatten, Lilys Suche nach Antworten voranzubringen, denn später haben Julia und Danny keine Rolle mehr gespielt. 

Oben habe ich ja schon die fehlenden Beschreibungen erwähnt. Das Buch spielt in Australien, es hätte in jedem beliebigen Land spielen können, finde ich. Wenn nicht ab und zu erwähnt worden wäre, dass sie vorher in Melbourne gelebt haben, hätte ich vermutet, dass es in England spielt. (Ich kann aber auch nicht erklären, warum.)

Das Ende war sehr unbefriedigend, aber da ich nichts verraten möchte, werde ich dazu nichts weiter sagen. Es hat mich aber nicht sonderlich überrascht, da es genauso ist wie der Rest des Buches: Belanglos, nichtssagend, vor sich hinplätschernd. Es lässt einen mit vielen Fragen zurück, die mich aber nicht weiter beschäftigen.

Ich glaube, ich bin einfach zu alt für dieses Buch. Vor 10 Jahren hätte es mir wahrscheinlich gefallen, aber wenn ich heutzutage eine Geistergeschichte lesen möchte, erwarte ich mir vor allem Atmosphäre und Gänsehaut und das hat beides gefehlt. Hier kann ich eher „A Certain Slant of Light“ von Laura Whitcomb empfehlen.