Rezension

Von Rittern und Mönchen

Cursed - Die Auserwählte - Frank Miller, Tom Wheeler

Cursed - Die Auserwählte
von Frank Miller Tom Wheeler

Bewertet mit 3 Sternen

Als bürgerlicher geborener Untertan der Queen kann man auch heute noch im Vereinigten Königreich durch den Ritterschlag in den Adelsstand erhoben werden. Dann kniet man vor der Queen und sie führt symbolisch ein Schwert an die Schulter und den Kopf. Für mich geht das eins zu eins auf König Artus und seine Ritter der Tafelrunde zurück. Ist mir egal, wenn das historisch anders verbrieft sein sollte. Seit meiner Kindheit liebe ich Geschichten aus alten Tagen – griechische und römische Mythen, germanische Sagen und natürlich die große Artussaga. Camelot, Excalibur, Merlin, Lancelot und Guinevere, Gawain und Parzival, die Suche nach dem heiligen Gral. Besonders großen Eindruck hat die Adaption der Artussage von Marion Zimmer Bradley auf mich gemacht. Nicht die Ritter sind hier die Titelhelden, sondern die Frauenfiguren der Sage erhalten Raum, um sich zu entfalten. Die Nebel von Avalon prägen mich bis heute, das habe ich auch bei der Lektüre von Thomas Wheelers Aufarbeitung des Artusstoffes gemerkt. Wheeler setzt ähnlich wie Marion Zimmer Bradley auf eine weibliche Titelheldin. Nimue muss miterleben, wie ihr Dorf im Namen des einen Gottes überfallen wird und ihre Freunde und ihre Mutter, die Druidin des Dorfes, von den roten Paladinen abgeschlachtet werden. Der Glaube an ihre uralten Götter ist Rom ein Dorn im Auge und so führt die Kirche ein blutiges Schwert gegen die Ungläubigen. Doch auch das Volk der Fey haben ein Schwert. Eine Geheimwaffe, die Nimues Mutter versteckt hat und welches sie mit ihrem letzten Atemzug an Nimue weiterreicht, die es zu Merlin, den großen Druiden bringen soll. In dem Schwert steckt große Macht, die auch vor Nimue nicht verborgen bleibt und so regt sich bei ihr Hoffnung, ihrem bedrohten Volk vielleicht doch zur Hilfe eilen zu können, indem sie Merlin das Schwert bringen wird.

Es ist ein wilder Ritt durch das England des 6. Jahrhunderts. Im Volk der Fey finden sich so ziemlich alle mythischen Gestalten der Literatur wieder, um sie sich vorzustellen, braucht es nur eine kurze Erinnerung an eine der epischen Schlachtszenen aus den Verfilmungen von Narnia und schon geht das Kopfkino los. Die roten Paladine kann man sich leider genauso gut vorstellen. Fanatische Christen jagen mir immer eiskalte Schauer über den Rücken.

Wheelers Roman ist der Beginn einer Reihe, die aus einer Drehbucharbeit für eine Netflixserie entstand. Unterstützt wurde er durch den bekannten Comiczeichner Frank Miller, der die Geschichte illustrierte. Die Illustrationen hätte es für mich persönlich nicht gebraucht, ich tauche gern in mein eigenes Kopfkino ab. Wheelers Erzählstil hingegen ist mitreißend, brutal und modern, wechselnde Perspektiven halten die Spannung hoch. Dass das Buch aus einer Drehbucharbeit entstand, lässt sich nicht verhehlen. Er übertreibt es aber nicht und lässt mir Raum für eigene Bilder. Dennoch fand ich die Geschichte einen Tick zu schnell erzählt. Die Figuren werden quasi von der Handlung überrollt und haben kaum Zeit sich dem Leser vorzustellen. Das lasse ich ihm geradeso durchgehen, weil es Folgebände geben wird und damit die Chance mich von der Tiefe seiner Charaktere zu überzeugen.            

Das größte Vergnügen brachte mir aber tatsächlich das Vergleichen von Wheelers Artusroman mit den mir bekannten Geschichten. Seine Adaption ist fremd und bekannt zugleich, das übt einen großen Reiz aus und fordert einen als Leser heraus. So bekommt die Geschichte eine zweite Ebene und verbindet sich spielerisch mit der Literaturgeschichte. Ich bin nun gespannt, wie es weitergeht, obwohl ich das eigentlich bereits wissen müsste.