Rezension

Was heißt es wirklich zu lieben?

Warte auf mich am Meer -

Warte auf mich am Meer
von Amy Neff

Was heißt es wirklich zu lieben?

 

Warte auf mich am Meer – Amy Neff

 

Zusammenfassung:

 

Wir begleiten ein Paar, welches gemeinsam aufwuchs, sich verlor, die Grausamkeit des Krieges erlebte und sich trotz allem immer vor Augen hielt, was sie im Innersten zusammenhält. Die Geschichte um Joseph und Evelyn umfasst ein ganzes Leben und alles dazwischen. Tiefe Emotionen verbinden sich mit traumatischen Erlebnissen und und zeigen auf, was es bedeutet für das Wichtigste zu kämpfen, den Mut nie zu verlieren und geduldig mit jeder Phase der eigenen Existenz zu interagieren, mag es auch noch so ausweglos erscheinen. Ihre Kinder sind ihnen manchmal Fluch, aber viel öfter Segen und Halt. 

Eine Lebensgeschichte über Distanz und falsche Anziehung, über Leid und Kummer, aber auch über Scham und Neid. 

Nichtsdestotrotz auch über bedingungslose Liebe fast bis zur völligen Selbstaufgabe, über Hoffnung und Mut und über das Kämpfenfür das Wichtigste im Leben...

 

 

Meine Meinung:

 

Über Jahre und Generationen gibt uns dieses Buch tiefe Einblicke in die Gedanken aller Menschen dieser grandiosen Familie, ohne den Leser zu überfordern. Jede Perspektive ist authentisch beschrieben und lässt uns manchmal mit einem Staunen oder mit einem geschockten Seufzer zurück.

 

Die Autorin hat über 10 Jahre an diesem Roman geschrieben und ich finde jedes einzelne Wort verdient es gelesen zu werden. Sie verwebt unglaublich viel zwischen jede Zeile, sodass der Eindruck entsteht, sie würde auch ein Teil ihrer Erlebnisse aus dieser Zeitspanne verarbeiten. Zwischenzeitlich habe ich dieses Werk bewusst zur Seite gelegt, um angemessen über den Inhalt reflektieren zu können. Mir fällt es schwer die passenden Worte zu finden, denn nichts was man erwähnen könnte, würde dem Text gerecht werden.

 

Es beschreibt EIN Leben, aus welchem über die Jahrzehnte so viele mehr werden. Die Protagonisten wachsen einem so ans Herz, das man fast selbst glaubt ein Teil dieser Gemeinschaft zu sein. Jeder Erzählstrang lässt den Leser nur tiefer in die Geschichte eintauchen. Es wird nichts beschönigt und nichts wird hinterm Berg gehalten.

 

Teile der Vergangenheit sind oft sehr schwer zu ertragen und gehören dennoch zum Leben der Protagonisten dazu und schaffen somit ein komplettes Bild eines Lebens, den dem der Krieg ein Teil war.

 

Diese schonungslose Ehrlichkeit hat mir am besten gefallen. Ich habe es geliebt über so viele Emotionen zu lesen. Von der Geduld auf die Liebe seines Lebens zu warten, über das Durchhalten und die Hingabe, die es braucht, um kleine Risse in die Mauer des anderen zu sprengen. Wie fragil die Liebe sein kann mit all ihren Facetten und Schattierungen dazwischen. Zeigt, was es heißt Entscheidungen zu treffen und/oder treffen zu müssen und wie unterschiedlich das Umfeld darauf reagiert.

 

Die einzige kritische Frage, die ich mir stelle ist: Wenn man seinen Seelemenschen noch nicht gefunden hat, wie um alles in der Welt, kann sich dieser an Joseph oder Evelyn messen? Dabei handelt es sich nicht um das anhöhen der Standards, sondern viel mehr und das Erreichen einer respektvollen Kommunikation auf gegenseitigem Einverständnis, und um das ehrliche Miteinander, um Nähe und gewährtem Abstand in Zeiten, wo dieser nötig ist. Alles in Allem habe ich Joseph und Evelyn tief in mein Herz geschlossen und werde noch sehr oft an ihre Worte denken.

 

 

Fazit:

 

Ein Wohlfühlroman der Extraklasse mit Höhen und Tiefen, mit Gefühl und Konsens, mit Lachen und Tränen die einfach so von der Wange tropfen. Joseph und Evelyn und ihre ganze Familie werden mich auch weiterhin auf meinem Weg begleiten.

 

 

Lieblingsstellen:

 

Die meisten Dinge landen wieder dort, wo sie hergekommen sind, mein Schatz.

 

Sterben ist nicht das Einzige, was uns umbringt.

 

Sie weigert sich, mir in die Augen zu schauen, und marschiert einfach weiter. Doch sie passt sich meinem Tempo an, so langsam und mühsam es auch sein mag.

 

Wenn wir uns mit Worten nicht finden können, werden sich dann unsere Herzen wiedererkennen in dieser neuen Finsternis?