Rezension

Weit mehr als ein Beziehungsroman

Wellness -

Wellness
von Nathan Hill

Bewertet mit 5 Sternen

Über eine Liebe und Ehe, die heftige Risse bekommt, ist schon viel geschrieben worden. Selten ging ein Autor aber so in die Tiefe wie Nathan Hill in diesem Roman.

Die Psychologiestudentin Elizabeth und der junge Fotograf Jack lernen sich 1993 in Chicago kennen und werden schnell ein unzertrennliches Paar. Der Kontrast zwischen der Phase, in der sie auf Wolke sieben schweben, und ihrer Ehe, in der Planung und Pragmatismus jegliche Romantik vertreibt, wird durch den dramaturgischen Aufbau verstärkt. Der Autor springt wild zwischen verschiedenen Zeitebenen hin und her und breitet die Herkunft und Familiengeschichte der beiden episch aus, so dass man begreift, warum sie so handeln wie sie handeln.

Nathan Hill geht nicht nur in die Tiefe, sondern auch in die Breite und entlarvt, was die Haupt- und Nebenfiguren mit ihren unterschiedlichen Überzeugungen und Illusionen für die Realität halten. Egal, ob es um Gentrifizierung, Beziehungspsychologie, Verschwörungstheorien, Algorithmen oder Spiritualität geht, über jedes Thema schreibt er so detailliert und kenntnisreich, als wäre es sein Fachgebiet. Immer wenn ich das Gefühl hatte, es wird zu ausufernd, wurde ich von einer neuen Offenbarung überrascht. Dieser großartige Roman über zwei Menschen, die lernen müssen, mit der Last ihrer Vergangenheit und den Unwägbarkeiten der Gegenwart umzugehen, ist mit viel Humor gespickt und bereitete mir trotz der über 700 Seiten ein kurzweiliges Lesevergnügen.