Rezension

zweimal ein, viermal aus

Laufen - Isabel Bogdan

Laufen
von Isabel Bogdan

Bewertet mit 5 Sternen

Eine Frau läuft. Sie läuft nahezu täglich. Sie läuft immer ein bisschen mehr. Sie hasst es zu Anfang. Bis es ihr zur Gewohnheit wird. Sie läuft nicht ohne Grund.

„Laufen“ von Isabel Bogdan ist beileibe kein Sportbuch, kein Motiviationsratgeber, kein Lebenshilfebuch.  Diese Frau im Buch, sie läuft, weil sie einen schweren Verlust erlitten hat, weil sie beim Laufen nicht denken will.  Und mit jedem Schritt den sie macht, mit jedem Kilometer, den sie zurücklegt, mit jeder Seite, die ich lese, erkenne ich so viel an dieser Frau in mir wieder. Wie sie läuft, wie sie denkt, wie sie übers Laufen denkt, wie sie beim Laufen denkt. Wir haben nicht dieselbe Geschichte, nicht dieselben Erfahrungen und doch ähneln wir einander.

„Der objektive Dreck tut nichts zur Sache, der ist ganz egal dafür, wie dreckig es einem geht…“

Und so läuft sie sich zurück ins Leben, während sie ihre Beziehung überdenkt, ihre große Liebe. Von dem Schmerz, aber auch dem Zorn, den sie fühlt. Auf den Tod, auf die Krankheit, auf den Mann. Wie sehr seine Krankheit die Beziehung, sie selbst belastet hat.

„Ich kann nicht mehr“, sagt die Frau gleich im ersten Satz. Aber das Leben ist Bewegung, es geht weiter, einatmen ausatmen, zweimal ein, viermal aus. Genauso wie die Frau atmet passt sich die Prosa des Textes dem Atemrhythmus an. So wie die Läuferin ihre Kreise auf der Laufstrecke zieht, so kreisen ihre Gedanken, Erinnerungen an die Vergangenheit, aber auch an das was kommen kann.  So wie beim Laufen das Leben, vorwärtsschauen.

Es ist unglaublich, was dieses Buch mit mir gemacht hat. Ich liebe es, liebe es aufrichtig!