Rezension

Absolute Empfehlung

Mein Sommer nebenan
von Huntley Fitzpatrick

Eine Geschichte über zwei Familien, die unterschiedlicher nicht sein könnten …

Für die wohlerzogene Samantha Reed sind die quirligen Garretts von nebenan das Idealbild einer perfekten Familie. Fast täglich sitzt sie auf dem Dachvorsprung vor ihrem Zimmerfenster und beobachtet heimlich die Großfamilie in ihrem abwechslungsreichen und bunten Alltag. Sie selbst lebt mit ihrer Schwester und ihrer Mutter, einer Lokalpolitikerin, in einem Haus, in dem emotionale Distanz das Leben beherrscht. Samanthas Mutter hat als Person der Öffentlichkeit hohe Erwartungen an ihre Töchter. Dementsprechend schnell entzieht sich Sams Schwester dem Einfluss der Mutter, als sich ihr die Gelegenheit bietet. Sie selbst hingegen untersteht auch weiterhin dem strengen Regiment der Mutter. Als diese sich angetrieben durch ihren neuen ehrgeizigen Partner entschließt, ihre politische Karriere noch weiter voranzutreiben, leidet niemand so sehr darunter wie Sam.

Doch als sie wieder einmal sehnsüchtig aus sicherer Entfernung das Leben der Garretts beobachtet, taucht ausgerechnet Jase Garrett neben ihr auf dem Dachvorsprung auf. Die beiden verstehen sich sofort und der Beobachtungsposten verwandelt sich langsam, aber sicher in Wolke sieben. Sam wird herzlich von der zehnköpfigen Großfamilie aus der Nachbarschaft aufgenommen und genießt daher nicht nur die erste Liebe, sondern gleichzeitig die familiäre Geborgenheit, die ihre eigene Mutter ihr vorenthält. Da diese die meiste Zeit auf Wahlkampfveranstaltungen unterwegs ist, bemerkt sie die Abwesenheit ihrer Tochter ohnehin nicht. Doch das darf auch niemals geschehen, denn Sams Mutter verachtet die Garretts und ihre Lebensweise. Daher bedeutet der Sommer für Sam nicht nur die erste große Liebe, sondern auch der Beginn eines anstrengenden Doppellebens, das schon bald Entscheidungen fordert und aufzufliegen droht …

Wenn meine Mutter glaubte, ich würde im Bett liegen, kletterte ich hinaus und sah durch die erleuchteten Fenster zu, wie Mrs Garrett das Geschirr spülte, während eines der jüngeren Kinder neben ihr auf der Küchentheke saß, wie Mr Garrett mit den älteren Jungs im Wohnzimmer herumbalgte, oder wie einer von ihnen das Baby zu Bett brachte und ihm dabei beruhigend den winzigen Rücken rieb. Es war, als würde ich einen Stummfilm schauen, in dem Dinge passierten, die ich aus meinem eigenen Leben nicht kannte. – Seite 12 –

Eine sympathische Großfamilie, die nicht nur Sam, sondern auch die Leser in ihren Bann zieht.

Es gibt Bücher, die sind fast schon unspektakulär – und genau aus diesem Grund so liebenswert. Mein Sommer nebenan von Huntley Fitzpatrick ist ein Roman voll wunderschöner Momente. Natürlich bleibt auch die Handlung nicht aus, doch viel wichtiger sind die charmanten Charaktere, die mich als Leser auch einige Wochen(!) nach dem Lesen noch immer in ihrem Bann halten. Wenn ich an diesen Roman denke, spüre ich noch immer Sams Einsamkeit und den Druck, den die Karriere ihrer Mutter auf sie ausübt. Gleichzeitig fühle ich aber auch noch immer das Herzklopfen das Jase durch seine liebenswerte und verständnisvolle Art bei Sam und auch bei mir auslöse. Ich wünsche jedem jungen Mädchen eine erste Liebe wie Jase: ehrlich, unkompliziert und voller Verständnis.

Doch beim Betrachten der Familie Garrett ist es kaum verwunderlich, dass Jase so ein liebenswerter Typ ist. Bei der Großfamilie mit den vielen Kindern regiert ähnlich wie bei den Reeds das Geld, aber in diesem Fall, weil es an allen Ecken und Enden fehlt. Trotz der finanziellen Sorgen herrschen in diesem liebevoll chaotischen Haushalt allerdings spürbarer Optimismus, Zusammenhalt und gegenseitiger Respekt. Außerdem hilft jeder jedem und alle packen mit an. Ich weiß zwar nicht, wie realistisch dieses Konzept tatsächlich ist, finde allerdings, dass es zwar anstrengend, aber zeitgleich auch ziemlich toll klingt. Außerdem ist diese Familie wohl einer der Gründe, warum Sam genau DIESE erste Liebe so gut tut. Es geht nicht nur um Jase, sondern auch um den Zusammenhalt und die Wärme, die Sam dort erfährt. Insgesamt wird diese Familie ebenso vielschichtig beschrieben wie die anderen Charaktere in diesem Roman. Die Charaktere sind nur auf den ersten Blick gut oder böse und genau diese Nuancen lassen den Roman zu einem Erlebnis werden.