Rezension

Afrikanisches Leid

Der Ort, an dem die Reise endet - Yvonne Adhiambo Owuor

Der Ort, an dem die Reise endet
von Yvonne Adhiambo Owuor

Bewertet mit 5 Sternen

Ajany kehrt aus Brasilien nach Kenia zurück. Anlass ist der Tod ihres Bruders Odidi, der in den Straßen Nairobis erschossen wurde. Mit Ihrem Vater zusammen will Ajany den Leichnam nach Hause bringen, nach Hause auf eine heruntergekommene Farm im Norden des Landes. Mit der Trauer kommen auch die Erinnerungen.

Dann taucht auch noch Brite Isaiah Bolton auf, der auf der Suche nach seinem Vater Hugh ist, den er nie kennengelernt hat. Auch er kommt zu spät um von Odidi noch etwas über seinen Vater zu erfahren. Odidis Familie ist in der Trauer gefangen und will sich nicht auch noch mit dem Fremden auseinander setzen. Ajanys Mutter entzieht sich dem allen durch Flucht  in die Wildnis.

Das Buch ist nicht einfach zu lesen. Es gibt viele Rückblicke und die Zeiten wechseln häufig, auf den ersten Blick nicht immer erkennbar. Der Schreibstil wirkt zerrissen und ist mit fremder Sprache durchsetzt. Die Erklärung gibt es zwar im Anhang, aber ich blättere ungern ständig während des Lesens zurück. Es dauerte eine Weile bis ich mich auf die Geschichte einlassen konnte, doch dann sah ich in der Zerrissenheit der Sprache die Zerrissenheit der Gefühle. Die Sprache ist außerordentlich kraftvoll und voller Bilder und Metaphern.

Es ist eine uns fremde Welt, die wir kennenlernen und auch wenn einem beim Lesen manches verständlicher wird, bleibt sie uns weiterhin fremd. Nichtsdestotrotz nimmt einen die Geschichte gefangen.

In Ajanys Erinnerungen erfahren wir sehr viel darüber, wie die Geschwister aufgewachsen sind. Aber auch die Erinnerungen an die koloniale Gewaltherrschaft und die blutigen Auseinandersetzungen nach der Unabhängigkeit haben die Familienmitglieder weiterhin im Griff. Es ist sicherlich hilfreich, wenn man schon ein wenig über die Geschichte Kenias weiß.

Die Figuren sind alle ganz besondere Charaktere, die authentisch und interessant dargestellt sind. Sie sind versteinert in ihrer Trauer und verzweifelt.

Ich kann das Buch nur empfehlen.