Rezension

Ein großer Roman über eine versehrte Familie und ein zerrissenes Land

Der Ort, an dem die Reise endet - Yvonne Adhiambo Owuor

Der Ort, an dem die Reise endet
von Yvonne Adhiambo Owuor

Bewertet mit 5 Sternen

Ein großer Roman über eine versehrte Familie und ein zerrissenes Land

Ein großer Roman über die Schönheit und Abgründe Afrikas und eine spannende Familiensaga aus Kenia. Yvonne Adhiambo Owuor beweist ihr erster Roman wird Vergleiche mit William Boyd und sogar Graham Greene und Joseph Conrad evozieren, er ist eine wichtige Ergänzung der Literatur der afrikanischen Gegenwart. Mit "Der Ort an dem die Reise endet" vollendet die afrikanische Erzählerin den Roman über ihre Heimat Kenia. Der Roman zeichnet ein tief bewegendes und bestürzendes Bild einer versehrten Familie und eines zerrissenen Landes. Mit einer Sprache, die einem den Atem raubt, voller Kraft und Intensität, erzählt die Autorin eine Geschichte von universeller Dringlichkeit - eine Geschichte von Macht und Täuschung, von unerwiderter Liebe und dem unbeirrbaren Willen zum Überleben. Arabel Ajany Oganda kehrt aus Brasilien zurück, um mit ihrem Vater, Aggrey Nyipir Oganda, den Leichnam ihres Bruders, ein hochtalentierter Student, nach Hause zu überführen. Der junge Odidi Oganda wurde in den Straßen Nairobis erschossen. Doch die Heimkehr auf die verfallene Farm im Norden des Landes hält keinen Trost für sie bereit. Draußen auf dem Hof, bei der Silbereiche und dem fröhlichen Vogel, gerinnt das Leben zum Quietschen der Leichenwagentür, dem Anblick des Sargs durch das Heckfenster, den eindringlichen Blicken anderer Fremder und schlurfenden Schritten. Schmerzhaft sind die Erinnerungen, die der Mord an Moses Ebewesit Odidi Oganda heraufbeschworen hat und die die Familie im Griff halten: an die koloniale Gewaltherrschaft und die blutigen Auseinandersetzungen nach der Unabhängigkeit. Seine Schwester Ajany und seine Eltern sind von tiefer Trauer erfüllt. Es beginnt eine Suche nach der Wahrheit und nach der Antwort auf die eine, entscheidende Frage: Was bleibt? Doch im Moment größter Verzweiflung entsteht auch etwas Neues: Eine Liebe – oder zumindest eine Verbindung – nimmt ihren Anfang. Eine spannende Geschichte über das Leben, Erziehung und Beziehung. Die Autorin beweist auf diesen Seiten außergewöhnliches Talent und eine beachtliche Bandbreite. Ihr Stil ist im Wechsel impressionistisch und rau, beschwörend und drängend und unheimlich sicher tritt Owuor mit "Der Ort an dem die Reise endet" neben Ngugu wa Thiono, den berühmten Erzähler der neueren Geschichte Kenias, als Größe eigener Art. Sie ist zugleich eine der differenziertesten Stimmen in der modernen Literatur fesselnd, zärtlich, schockierend und bisweilen komisch. Sprachlich hat mich "Der Ort an dem die Reise endet" sehr beeindruckt. Alles wirkte ganz natürlich, nichts gekünstelt. Ich hatte am Ende des Buches das Gefühl eine Familie zu verlassen, die ich schon seit langem kenne. Ich habe mitgefiebert und mitgelitten. Kein Buch sondern ein Ereignis. Dieser lebendige und ausdrucksstarke Roman hilft die Probleme des schwarzen Kontinents besser zu verstehen. In diesem überwältigenden Roman finden Sie die gesamte Bandbreite menschlicher Erfahrungen -Tränen, Blutvergießen, Begierde, Liebe - in atemberaubender Fülle. Wunderschön, auf eine brutale Weise. Es knisternd vor Lebendigkeit, beladen von Vergänglichkeit, schwindelerregend sowohl im Stil als auch in der elementaren Kraft seiner Geschichte. Nur wenige Romane verdienen das Prädikat 'mythisch' – Yvonne Adhiambo Owuors 'Der Ort, an dem die Reise endet' gehört mit Sicherheit dazu. Jeder Satz versetzt einem einen präzisen, tief empfundenen Schlag. Besser geht es nicht. Diesen Namen muss man sich merken. Ein bemerkenswerter, spannender und sprachgewaltiger Debüt Roman!