Rezension

Die Menschen haben Angst vor dem Unbekanntem

Der Zirkus der Stille - Peter Goldammer

Der Zirkus der Stille
von Peter Goldammer

Bewertet mit 5 Sternen

Thais Leblanc ist Mitte Zwanzig, lebt in Paris und arbeitet dort in einem Brautmodengeschäft. Mit ihrem früheren Zirkusleben hat sie abgeschlossen. Damit möchte sie nichts, aber auch gar nichts mehr zu tun haben. 
Als ihre Großmutter, die unvergleichliche Madame Victoria, stirbt fährt sie nach Arles um alles Notwendige zu erledigen. Bevor Thais dann endlich mit ihrer vermeintlich "vermurksten" Kindheit abschließen kann, muss sich die junge Frau jedoch erst mit einem Haus voller Zirkusinventar, einem sogenannten Cirque perdu und den Geheimnissen ihrer Familienvergangenheit auseinandersetzen.
Peter Goldammer lässt die Geschichte aus Thais Leblancs Sicht erzählen. Sein Schreibstil ist einnehmend, ruhig und treffsicher. Spätestens ab der zweiten Seite findet man sich als Leser in der Welt der Protagonistin wieder und verlässt sie, äußerst ungern, erst am Ende des Buches wieder.  
Jeder weitere Charakter wird detailreich beschrieben, so dass sich der Leser ein genaues Bild von der betreffenden Figur machen kann. So mochte ich vor allem Madame Raphael, die selbst früher unter ihrem alkoholkranken Mann zu leiden hatte. Da sie sich letztendlich von ihm trennte und von da an mit einem schlechten Gewissen kämpft, versuchte sie durch die Unterstützung Madame Victorias, wieder etwas davon gut machen zu können. Nach dem Tod der alten Dame steht sie anschließend der Enkelin, nicht nur mit Essen, hilfreich zur Seite. Madame Raphael gefiel mir gut.
Doch nicht nur die Figuren sondern auch die einzelnen Szenen werden detailreich und sehr glaubhaft beschrieben. Dem Leser fällt es leicht die herrschenden Stimmungen einzuschätzen und die Situationen der Protagonisten mit zu erleben. Als Thais z.B. den großen Komponrad findet um ihn nach Papó zu fragen, kann man die herrschende Anspannung geradezu greifen. Oder die Feier nach der Beerdigung. Die gelöste Stimmung, die Musik die die Anwesenden machen. Gerne hätte ich dort mitgetanzt.
Neben den unterhaltenden Elementen ist der Roman an der einen oder anderen Stelle sehr philosophisch. So muss sich Thais erst einmal mit ihre Vergangenheit aussöhnen um einen Start in ein neues, unabhängiges Leben beginnen zu können. 
Oder die Angst der Menschen gegenüber anderen, unbekannten Lebensstilen thematisiert Peter Goldammer in seinem Buch. Damit spricht er zudem indirekt aktuelle Gegebenheiten an.
Aber auch die verloren gegangene Fähigkeit über Dinge vorbehaltlos zu Staunen und sich über Dinge in seinem Leben zu freuen spricht der Autor an. Dies tut er jedoch nicht mit mahnendem Zeigefinger, sonder verpackt die Sachverhalte geschickt in seiner Handlung. Ihm gelingt dadurch seine Leser zum Nachdenken anzuregen. 
Ich hoffe sehr Herr Goldammer schreibt bald seinen nächsten Roman.

Fazit: 
Eine märchenhaft, philosophische Geschichte, die sich im Herzen festsetzt. Mein zweites Must-Read dieses Jahres.