Rezension

Ein ruhiges, berührendes Debüt

Der Zirkus der Stille - Peter Goldammer

Der Zirkus der Stille
von Peter Goldammer

Bewertet mit 4 Sternen

Inhalt aus dem Klappentext:

Thaïs Leblanc wächst nach dem Tod der Mutter bei ihrer Großmutter auf, der unvergleichlichen Victoria, wie sie auf Zirkusplakaten tituliert wird. Thaïs verabscheut das Zirkusleben und zieht, kaum volljährig, nach Paris; sie will nur eins: Normalität. Doch als die Großmutter stirbt, konfrontiert deren seltsames Testament sie mit ihrer Familiengeschichte, die sie zum wundersamen Cirque perdu und seinem Direktor Papó bringt. Dort lernt Thaïs, dass man sich seinen Ängsten stellen muss und für die wichtigsten Dinge im Leben keinen Applaus von anderen braucht.

 

Meinung:

Findet ihr das Thema Zirkus auch so faszinierend? Als ich das Cover in der Verlagsvorschau sah, hatte ich sofort ein Bild von Schaustellern und alten, antiken Zirkuswagen im Kopf. Ich mag dieses Bild unheimlich gerne und war gespannt, ob es mir in diesem Roman begegnen würde...

Die Geschichte startet Ende der 70er Jahre. Thaïs kehrt zur Beerdigung ihrer Großmutter in die Provence zurück. Ihre Mutter ist bereits früh verstorben und ihre Großmutter war alles, was ihr noch an Familie geblieben ist. Früher war ihre Großmutter selber eine große Pferdedresseurin im Zirkus, über die Jahre aber ist sie mehr und mehr dem Alkohol verfallen. Nun hinterlässt sie Thaïs die Hälfte des Hauses, die andere Hälfte geht aber an eine Person namens Papó. Rechtliche Relevanz scheint diese Verfügung zwar nicht zu haben, trotzdem ist Thaïs gewillt, den Zirkusleuten eine Chance zu geben. So trifft sie also bei der Beerdigung den geheimnisvollen Papó, der den "Cirque perdu", den Verlorenen Zirkus, führt. Papó leitet Thaïs an, an ihrer Trauer und ihren Gefühlen zu arbeiten, so dass Thaïs letztendlich vor der Frage steht, was sie für ihr Leben eigentlich möchte.

Ich mochte Thaïs sehr gerne. Sie ist eine ruhige, junge Frau, die schon einige Verluste in ihrem jungen Leben hinnehmen musste. Ihren Vater hat sie nie kennen gelernt, die Mutter ist früh gestorben und der Alkohol hat ihr nach und nach auch ihre Großmutter genommen. Das Zirkusleben wollte Thaïs eigentlich nie für sich haben, lieber wählte sie den Weg einer Ausbildung zur Verkäuferin und einem Leben in Paris. Doch wirklich glücklich scheint sie dort nicht geworden zu sein. Der Tod ihrer Großmutter und die Begegnung mit Papó lassen Thaïs sich mit sich und ihrem Leben, und besonders mit ihren Gefühlen auseinandersetzten.

Peter Goldammer hat eine wirklich sehr schöne Bildsprache und es geschafft, den klassischen Zirkus vor meinen Augen auferstehen zu lassen, mit den tollen Zirkuswagen, Zigeunern und einer freien Manege - geheimnisvoll und mysteriös. Wer z. B. den Film Chocolat kennt, wird bestimmt wissen, wovon ich rede. Das Buch ist ruhig erzählt, sehr einfühlsam und manchmal auch ein wenig schwermütig, was aber sehr schön zu der Thematik passt. Einzig Thaïs Figurenentwicklung ging mir stellenweise ein wenig zu schnell voran, bzw. ihre Gedankengänge und -überlegungen hätten vielleicht noch ein wenig mehr ausgearbeitet werden können, um runder zu wirken. Auch etwas mehr Tiefe über bzgl. ihrer Vergangenheit habe ich vermisst, denn es kam nicht deutlich genug rüber, warum Thaïs so eine Aversion gegen den Zirkus hat. Ansonsten aber bin ich von diesem Debüt sehr beeindruckt. Viele Denkanstöße sorgen dafür, dass das Buch einem in Erinnerung bleibt und man sich auch über die Lektüre hinaus damit auseinander setzt.
Erzählt wird in der ersten Person aus Thaïs Sicht, die Kapitel sind moderat lang, manchmal etwas kürzer, manchmal länger und schön aufgegliedert, so dass das Buch kurzweilig und einnehmend zu lesen ist.

Vielen Dank an den Atlantik Verlag für das Rezensionsexemplar.

 

Fazit:

Ein schönes, ruhiges und nachdenklich stimmendes Debüt. Der Zirkus der Stille hat mich berührt und zum Nachdenken angeregt. Peter Goldammer hat einen sehr schönen, bildhaften Erzählstil und ich hoffe, dass man künftig noch mehr von diesem Autor zu lesen bekommt. Mir hat die Reise mit Thaïs und ihrem Cirque Perdu gut gefallen.

Von mir gibt es 4 von 5 Punkten