Rezension

Ein nettes Buch für zwischendurch

Wie Tyler Wilkie mein Leben auf den Kopf stellt und was ich dagegen tun werde - Shelle Sumners

Wie Tyler Wilkie mein Leben auf den Kopf stellt und was ich dagegen tun werde
von Shelle Sumners

Zum Inhalt:

Grace ist 28 Jahre alt, hat einen Plan, wie ihre Zukunft aussehen soll, und ihr Leben fest im Griff. Nicht zuletzt dank ihrer großen grünen Handtasche. Doch dann tritt Tyler Wilkie, der Hundesitter ihrer Nachbarin, in ihr Leben. Er sieht nicht nur umwerfend gut aus, nein, er schreibt auch noch umwerfend schöne Songs. Über Grace. Für Grace. Und mit einem Mal sieht es für Graces Plan gar nicht mehr so gut aus…

Meine Meinung:

“Wir sahen einander an, und mir fiel auf, dass alles an ihm herbstfarben war. Kastanienbraune Haare. Haselnussbraune Augen. Er legte den Kopf schief und zog einen Mundwinkel hoch.” (Seite 21)

Im Nachhinein kann ich sagen, dass ich von einem Buch, auf dem ein “Unbedingt lesen!”-Aufkleber pappt, ehrlich gesagt etwas mehr erwartet hätte. Ich könnte mir die Geschichte aber gut als Film vorstellen… Vielleicht würde es den entsprechenden Schauspielern gelingen, mir die Emotionen, die zweifellos in diesem Buch vorkommen, näher zu bringen.

Im Grunde bin ich damit auch schon bei meinem Hauptkritikpunkt angekommen. Ich empfand den Schreibstil von Shelle Sumners als komplett emotionslos. Und zwar in jeglicher Hinsicht. Ich konnte weder die freudigen Augenblicke mit einem Lächeln, noch die traurigen Momente mit einem Schluchzen, oder die lustigen Begebenheiten mit einem Lachanfall gebührend quittieren. Dennoch ließen sich die knapp 500 Seiten zügig lesen. Nur halt leider ohne das ich dabei irgendwas empfinden konnte.

“Seit jeher war ich stolz darauf gewesen, immer die Wahrheit zu sagen, egal unter welchen Umständen. Und jetzt verstellte ich mich ständig. Gab aalglatte Halbwahrheiten von mir. Wechselte das Thema, bevor ich bestimmte Fragen beantworten musste. Die Freundschaft mit Tyler Wilkie hatte mich zu einer Lügnerin gemacht.” (Seite 168)

Wahrscheinlich ist dies auch der Grund, warum mir Grace im Laufe der Geschichte nicht wirklich näher gekommen ist. Denn die Geschichte ist aus ihrer Sicht geschrieben. Sie kam mir sehr reserviert vor, unnahbar. Auch wenn sie manchmal durchaus durchblicken ließ, dass auch sie nur ein ganz normales Mädchen ist, das endlich die große Liebe finden möchte. Anders verhielt es sich da schon mit Tyler… Denn im Gegensatz zu Grace war mir von Anfang an klar, was für ein toller Typ in ihm stecken muss. Und nachdem ich mir ungefähr in der Mitte des Buches die Lieder anhörte, die es zu dem Buch gibt, und dann während des Lesens die tolle Stimme von Lee Morgan mit dem Tyler in meinem Kopf kombinierte, hatte ich in ins Herz geschlossen. Wie hätte ich auch nicht?

Die Geschichte bietet jede Menge Unterhaltung. Für meinen Geschmack fast ein wenig zu viel. Ständig geht es hin und her, auf und ab, vor und zurück. Zwischendurch war ich davon immer mal wieder genervt und habe mich gefragt, warum die beiden (vor allem aber Grace) es nicht auf die Kette kriegen. Das Ende an sich war keine große Überraschung für mich, es hat mir aber gut gefallen, und mich das Buch mit einem besseren Gefühl zuschlagen lassen, als ich es vorher für möglich gehalten hätte.

>>Warum gibt es so viele Songs über die Liebe?<<
>>Was ist wichtiger als Liebe? Und womit kann man seine Gefühle besser ausdrücken als mit Musik?<< Er sah mich an, als würde er mich nach meiner Antwort benoten. (Seite 185)

Nach diesen Worten der Kritik mag es den einen oder anderen vielleicht wundern, dass ich der Geschichte von Grace und Tyler drei Herzen gebe. Neben Tyler liegt das in erster Linie an dem übergeordneten Thema Musik und der Bedeutung, die diese für die beiden und die Story hat. Musik kann jedes Gefühl transportieren. Mit ihr kann man alles ausdrücken, was man sonst nicht zu sagen in der Lage wäre. Während des Lesens erinnerte ich mich hin und wieder an Lieder, die eine besondere Bedeutung für mich haben und an die entsprechenden Situationen. So kam ich dann doch noch in den Genuss von Emotionen. Diese hatten zwar nichts mit dem Buch an sich zu tun, aber ich bin froh, dass es mir diese wieder in Erinnerung gerufen hat.

Für mich waren die Erlebnisse von Grace und Tyler ein nettes, wenn auch nicht überzeugendes, Buch für zwischendurch. “Die romantischte und witzigste Love-Story des Jahres”, wie der Buchrücken verlauten lässt, war es aber bei weitem nicht. Zumindest nicht für mich.

“Doch es gab einen Spruch von John Lennon über das Schmieden von Plänen, und der passte haargenau auf meine Situation.
Life happened, instead. Das Leben durchkreuzte all meine Pläne.” (Seite 333)