Rezension

Ein Ort, an dem sich das Endliche und das Unendliche berühren

Wächter der Meere, Hüter des Lichts - Oliver Schlick

Wächter der Meere, Hüter des Lichts
von Oliver Schlick

Bewertet mit 5 Sternen

Die junge Rebecca, die bei gutsituierten, aber seltsam kalten und distanzierten Pflegeeltern in einem piekfeinen Hamburger Stadtteil aufwächst, hört plötzlich, kaum ist sie 16 Jahre alt, Stimmen in ihrem Kopf, die sie zunächst für Halluzinationen hält.
Als sie wenig später jedoch Musik als buntschillernde Farben wahrnimmt, glaubt sie, den Verstand zu verlieren und bricht zusammen. Ihre Pflegeeltern bringen sie in eine psychiatrische Spezialklinik, sie sich sehr bald als Gefängnis herausstellt und aus der Rebecca auf spektakuläre Weise von einer buntzusammengewürfelten Gruppe skurriler Figuren befreit wird, die sich ihr als Wächter vorstellen und sie in einer Nacht und Nebelaktion auf die wind- und wellenumtoste fiktive Insel Zanderland in der Nordsee bringen.
Und hier beginnt für Rebecca das Abenteuer ihres Lebens!
Sie erfährt Ungeheuerliches, - über sich selbst, ihre Pflegeeltern, den Geheimbund der Wächter, eine uralte Prophezeiung, rätselhafte Geistwesen, die sich schwarze Passagiere nennen, die unentwegt bestrebt sind, Kontrolle über die Menschen auszuüben und ihren Gegenpol, den weißen Passagier, dem die Wächter den Weg bahnen müssen, damit er Licht und Hoffnung in die Welt bringt und die Menschen stark macht gegen die schwarzen Passagiere.
Doch was hat Rebecca mit all dem zu tun? Und wieso wird ihr plötzlich eine Schlüsselposition in dem großen Abenteuer zuteil?
Ein Wettrennen gegen die Zeit und die Feinde beginnt, die den Leser in einer wilden Jagd mit recht burlesken Zwischenfällen wieder zurück aufs Festland führt, dorthin, wo alles begann.
Wird Rebecca die in sie gesetzten Hoffnungen erfüllen können...?

Die mitreißende, ungewöhnliche, doch auch humorvolle Geschichte, die der Autor in seinem Roman erzählt, zieht den Leser sofort in seinen Bann!
Doch in welche Kategorie gehört er? Haben wir es hier mit einem reinen Fantasy-Roman zu tun oder, wie suggeriert wird, mit einem Roman für jugendliche Leser?
Mir scheint es, dass er weder eindeutig in die eine noch in die andere Kategorie einzuorden ist. Vielleicht kann man ihn am ehesten als modernes Märchen mit sehr realistischem Hintergrund bezeichnen, der ganz gewiss die unterschiedlichsten Leser und Altersgruppen anspricht, all diejenigen aber, die Träume und Sehnsüchte haben, die weit über die Erfüllung der eigenen Wünsche hinausgehen. Solche, die sich Gedanken machen um unsre Welt, die in Sorge sind angesichts der zahllosen Konflikte und Kriege, die die Erde und ihre Bewohner erschüttern und immer schon erschüttert haben.
Er spricht die Idealisten und unermüdlichen Kämpfer für eine bessere Welt an und all diejenigen, die trotz allem die Hoffnung nie verlieren.

Die Protagonisten dieses wunderbaren Buches, das trotz seines kritischen Hintergrundes eben auch ein hervorragender Unterhaltungsroman ist, sind solche Idealisten, sind Kämpfer für das Gute und gegen das Böse und bereit, dafür ihr Leben in höchste Gefahr zu bringen und, wenn es sein muss, auch zu opfern.
Aber es sind keine strahlenden Helden, die der Autor so lebensecht und glaubwürdig gezeichnet hat, wiewohl sie ganz und gar ungewöhnlich sind. Echte und unverwechselbare Typen mit jeder Menge Schwächen und schrulligen Eigenarten, oft mit launigen Sprüchen auf den Lippen - und gerade deshalb so sympathisch und liebenswert.

Oliver Schlick gibt seinen Figuren nicht nur phantasievolle, auf sie individuell zugeschnittene Namen, denen sie in jeder Beziehung gerecht werden, sondern er lässt sie auch von einem haarsträubenden und oft zum Schmunzeln einladenden Abenteuer ins nächste stolpern, immer auf oder am Meer und vor der grandiosen Kulisse der heimlichen Hauptdarsteller des Buches, der Leuchttürme!
Um sie und ihre Bedeutung für die Schifffahrt aber auch ihre Symbolkraft dreht sich hier alles. Im Grunde beginnt und endet die Geschichte mit ihnen, den Leuttürmen, den Wächtern des Meeres und Hütern des Lichts, die so viele Geschichten zu erzählen haben und deren geheimnisvolle Faszination auch heute, nachdem sie längst automatisiert sind und keiner Wärter/Wächter mehr bedürfen, ungebrochen ist.
Der Autor lässt sie noch einmal hell leuchten und erstrahlen in seinem Roman, den ich geradezu atemlos verschlungen habe, der mich nicht nur bestens unterhalten sondern mir auch Hoffnung gegeben hat - und den ich ohne jede Einschränkung weiterempfehlen möchte!

Kommentare

Brocéliande kommentierte am 30. Juli 2017 um 01:31

Meine Neugierde ist geweckt (ich liebe Leuchttürme!!) und das Buch wandert sofort auf meine Merkliste ;) danke für Deine interessante Rezi und Empfehlung!