Rezension

Ein wunderbarer Roman

Das Mohnblütenjahr
von Corina Bomann

Bewertet mit 5 Sternen

Nicole Schwarz ist endlich schwanger. Sie ist 38 Jahre alt und wollte unbedingt ein Baby. Ihr Freund David sah das anders und wollte partout keines. Als Nicole ihn nun vor die vollendete Tatsache stellt, verlässt er sie.
Auch wenn sie nie gedacht hätte, dass er diese Entscheidung treffen würde, sieht sie der Zukunft positiv entgegen. Sie selbst ist ohne Vater groß geworden und hatte eine wunderbare Kindheit, so dass sie sich sicher ist, dies auch ihrem Kind allein bieten zu können.
Dann bekommt sie aber eine schreckliche Diagnose vom Arzt - ihr Kind könnte eine Herzkrankheit haben, die ihm vererbt wurde. Sie erhält vom Arzt die Auflage, in der Familiengeschichte zu graben, ob dieser Herzfehler bekannt und schon einmal vorgekommen ist. Schnell lässt sich dies von David Familie ausschließen. 
Sie fährt zu ihrer Mutter Marianne, bei der sie sich nicht nur ausheulen, sondern auch endlich erfahren möchte und muss, wer ihr Vater ist. Ihre Mutter blockt anfangs ab, hat sie doch all die Jahre nie von Nicoles Vater erzählt. Aber sie besinnt sich und erzählt Nicole eine Geschichte aus den 70er Jahren ...

Die Geschichte spielt wieder in 2 Zeitebenen, in den 70er Jahren, bei denen es um Marianne geht und im Heute, wo Nicole die Hauptprotagonistin ist.

Nicole ist verzweifelt, seit sie weiß, dass ihr noch ungeborenes Baby mit großer Wahrscheinlichkeit einen geerbten Herzfehler haben wird. Viele Fragen drängen sich ihr auf. Wird das Baby gesund zur Welt kommen und wie sind die Überlebenschancen? Sollte sie das Baby abtreiben? Aber was, wenn die Erkrankung im Griff zu bekommen ist? Sie steht vor einer schweren Entscheidung, will aber vorher alles mögliche tun, um zu erfahren, ob es eine Chance für ihr Kind geben kann. Dazu muss sie endlich ihre Mutter dazu bringen, über ihren Vater zu sprechen, der ihr ein völlig Fremder ist, da ihre Mutter nie von ihm erzählte.

Marianne, Nicoles Mutter, ist in den 70er Jahren für ein Austauschjahr als Lehrerin nach Frankreich gegangen. Sie liebte alles französische und war froh, dass es klappte. Ihr Vater, noch aus Kriegszeiten ein Gegner von Frankreich, wollte ihr abraten, aber sie ließ sich nicht beirren.
Voller Elan kommt sie in Frankreich an und muss doch bald feststellen, dass auch 30 Jahre nach dem Krieg der Hass auf die Deutschen vorhanden ist. Sie hat einen recht schweren Stand da und versucht, sich zu behaupten. 
Nicht jeder ist gegen sie, die Deutsche, sie findet auch Freunde und sogar die große Liebe, die Folgen haben wird.

Was für ein wundervoller Roman von Corina Bomann. 
Durch das ungeborene Kind von Nicole wird Marianne gezwungen, sich mit ihrer Vergangenheit auseinanderzusetzen, zum ersten Mal von Nicoles Vater zu erzählen.
Der Leser erfährt eine Geschichte, die sich in den 70er Jahren in Frankreich abspielte. Eine Geschichte, die nicht nur die deutsch-französische Freundschaft anging, sondern auch das Leben in Frankreich. Marianne findet dort ihre große Liebe und muss sie verlassen.
Die Rückblenden in die Vergangenheit werden durch die Beschreibung von alten Fotos begonnen. So weiß man als Leser gleich, auf welcher Zeitebene man sich befindet.

Mir waren beide Protagonistinnen ausgesprochen sympathisch. Beide lebensbejahende Frauen, die bereit sind, nach vorn zu sehen und nicht zurück. Sie nehmen ihr Leben in die Hand, auch wenn es schwer fällt. Einmal getroffene Entscheidungen setzen sie durch.

Corina Bomann ist bekannt für ihre ausführlichen Recherchen, die ihre Bücher zu etwas besonderem machen. Man fühlt sich in den Geschichten wohl, kann sie gut nachvollziehen und erfährt so auch immer noch einen Tick Geschichte der jeweiligen Epochen.
So auch in diesem Buch. Der Hass und das Misstrauen der Franzosen gegenüber den Deutschen, auch noch 30 Jahre nach dem Krieg, sind regelrecht spürbar. Aber auch die Abneigung einiger Deutschen gegen den Feind Frankreich sind in den 70er Jahren noch stellenweise vorhanden.
Viele, Deutsche wie auch Franzosen, haben mit der Vergangenheit noch nicht abgeschlossen und tun sich schwer damit, das Kriegsbeil zu begraben.

Als sich Nicole auf die Suche nach ihrem Vater macht, kann man als Leser nur hoffen, dass sie Antworten auf die alles entscheidene Frage zur Zukunft ihres Babys bekommt.
Ich habe sie sehr gern auf ihrer Suche begleitet, wie ich auch Mariannes Geschichte mit Begeisterung gelesen habe.
Beide Frauen sind mir ans Herz gewachsen und ich war traurig, dass ich das Buch nach der letzten Seite beiseitelegen musste.

Ich hatte viele unterhaltsame und schöne Stunden mit dem Buch und empfehle es sehr gern weiter.