Rezension

für mich kein Buch mit Humor sondern mit sehr viel Wut und Trauer verbunden

Er ist wieder da
von Timur Vermes

Bewertet mit 2.5 Sternen

ER IST WIEDER DA. Von Timur Vermes.

Ein angedeutetes Bild und jeder weiß, um wen es sich handelt.
 

Ja, der Autor hat im Jahr 2012 sicher einen Nerv getroffen. Es gibt inzwischen genug Rezensionen darüber, das Buch ist verfilmt, hat eine hohe Auflage und so weiter und so fort. Nun hat der Roman mich erreicht. Unter https://de.wikipedia.org/wiki/Timur_Vermes kann man sich über den Autor und seinen Werdegang informieren.

 

Die Story ist schnell umrissen und wer es noch nicht weiß: Der schlimmste Alptraum, der je über die Menschheit gekommen ist, wacht im Jahr 2011 auf einer Wiese wieder auf. Ein Zeitreisender erlebt nun das, was sich so mancher von uns vorstellen kann: so 60, 70 Jahre nach dem Tod mal eben wieder vorbeischauen, um zu sehen, was sich so getan hat. Nun ist es ja nicht irgendwer, der da erwacht und erst mal in einem Kiosk unterkommt. Schnell die Uniform ausgeklopft und schon geht das Leben weiter. Bloß fehlen mir von Anfang an so ein paar Kleinigkeiten, die sicher irgendwie untergegangen sind. Lebt der Kerl also ohne jeglichen Komfort, sprich ohne Bad und ohne Geld so vor sich hin, bis der Kioskbesitzer seine Beziehungen spielen lässt und ihn einem Fernsehsender übergibt. Auch diese lassen sich gerne blenden, glauben, was sie glauben wollen und prüfen weder nicht vorhandene Papiere noch seine Geschichte. Die im Übrigen auch keiner so recht wissen will. Er wird ein Star, man nimmt ihm den Komiker ab, obwohl er alles bitter ernst meint.

 

Was wirklich außerordentlich ist, ist die Wortevielfalt, die Reden, das ältliche Denken des Protagonisten. Wie dieser seine Umwelt erfährt, all die Entwicklungen, die seit seinem Abgang Deutschland und die Welt erobert haben. Dabei legt er mit absoluter Treffsicherheit so manchen Finger in die Wunde, die wir selbst inzwischen festgestellt haben. Vermes hat sich sehr mit seiner Figur beschäftigt und wie es sein muss, plötzlich in unserem Jahrhundert wieder zu erscheinen. Der Schreibstil und Ideenreichtum, das alles mag viele überzeugen, auch mich, wenn es eine andere Persönlichkeit gewesen wäre.

 

Aber: wahrscheinlich liegt es in der Geschichte meiner Familie, ich konnte nicht im Mindesten lachen. Im Gegenteil. Mir kamen oft die Tränen, es würgte mich alleine bei der Vorstellung, dass viele diese Geschichte und das, was die Person so von sich gibt für bare Münze nehmen. Wir schreiben nun das Jahr 2019, und das, was sich seit dem Erscheinen des Buches getan hat, hat sich wahrscheinlich der Autor nicht vorstellen können. Trotzdem: ich kann nicht begreifen, dass tatsächlich der furchtbarste Massenmörder, den die Welt je gesehen hat eine solche Plattform bekommen konnte. Über 300 Seiten musste ich warten, bis tatsächlich eine Person im engeren Umkreis so etwas wie eine Winzigkeit an Widerstand leisten will. Und der natürlich ganz schnell gebrochen wird. Am schlimmsten fand ich jedoch den letzten Satz, der als Kampagne dienen soll, seine unglaublichen Verbrechen zu relativieren. Es gibt ja Menschen, die das als einen Fliegenschiss in unserer Geschichte bezeichnen. Sorry, für mich persönlich ein absolutes Unding. Und das soll witzig sein? Hat viele Menschen anscheinend positiv erreicht?