Rezension

Hochspannung zwischen London und Toskana

Nur eine böse Tat - Elizabeth George

Nur eine böse Tat
von Elizabeth George

„Nur eine böse Tat“, der neue Roman von Elizabeth George, ist mittlerweile der 18. Band der Lynley/Havers-Reihe.

Während Thomas Lynley wieder am gesellschaftlichen Leben teilnimmt und allmählich aus der Starre erwacht, in die er nach dem gewaltsamen Tod seiner Frau gefallen ist, überschlagen sich im Privat- und Berufsleben seiner Kollegin Barbara Havers die Ereignisse. Hadiyyah, die Tochter ihres Freundes und Nachbarn Taymullah Azhar, ist mit ihrer Mutter Angelina spurlos verschwunden. Havers setzt alle Hebel in Bewegung, um den Aufenthaltsort des Kindes ausfindig zu machen. Nach einiger Zeit taucht die Mutter wieder auf, allerdings ohne das Mädchen, das offenbar in Italien entführt wurde. Lynley untersucht den Vorfall vor Ort in der Toskana, und was er dort zutage fördert, gefällt Havers überhaupt nicht. Und dann macht sie, indem sie sich mit den falschen Leuten einlässt, einen kapitalen Fehler,  der nicht nur ihre berufliche Zukunft gefährdet.

Viele Kritiker werfen Elizabeth George vor, dass die Qualität ihrer Bücher seit der Veröffentlichung von „Am Ende war die Tat“ kontinuierlich abgenommen hat. Dem kann ich nur widersprechen, allerdings lese ich die Lynley/Havers-Reihe auch nicht als Krimi sondern als Roman und schätze die ausgefeilten psychologischen Portraits der Personen, die seit vielen Jahren unterschiedlich gewichtet im Mittelpunkt der Geschichten stehen. Natürlich möchte ich wissen, wer für die Tat verantwortlich ist, aber mehr noch interessiert mich die Entwicklung, die die Protagonisten im Laufe der Jahre durchmachen. Aber wesentlich interessanter finde ich die Charakterisierung der Täter und die Betrachtung ihrer Motive. Und das gelingt George – wie auch in dem vorliegenden „Nur eine böse Tat“ immer sehr glaubhaft und nachvollziehbar.

Dazu kommt, dass die Amerikanerin immer wieder auch gesellschaftlich relevante Themen aufgreift, diese äußerst spannend aufbereitet und ins Zentrum der Handlung stellt, wie z.B. in „Wer dem Tode geweiht“ den realen Fall von James Bulger, dem Zweijährigen, der von zwei zehnjährigen Jungen aus einem Einkaufszentrum entführt und zu Tode geprügelt wurde. Welche Umstände müssen gegeben sein, damit Kinder so etwas tun? Was stimmt mit einer Gesellschaft nicht, die solche Monster hervorbringt? Wie gehen die staatlichen Stellen damit um? Und welche Rolle spielen die Medien?

Offenbar sind es immer wieder diese Themen, die die Autorin umtreiben, denn auch in ihrem neuen Roman gibt eindeutige Hinweise auf ein aktuelles Ereignis, nämlich der Wiederaufnahme des Verfahrens in Italien gegen die Amerikanerin Amanda Fox. Elizabeth George beschreibt und hinterfragt kritisch die Rolle der italienischen Polizei bei den Ermittlungen, wie wir es ja auch von Donna Leon in den Brunetti-Krimis kennen.

„Nur eine böse Tat“ ist von Beginn an sehr spannend und animiert durchgängig zum Weiterlesen - eine absolut stimmige Fortführung der Reihe, von der ich hoffe, dass sie so bald nicht endet. Denn die Autorin wird mit Sicherheit immer wieder Themen finden, die es wert sind in ihren Romanen behandelt zu werden.