Rezension

Junge Menschen inmitten der Wirrungen des Krieges

Im dunklen Licht der Tage - Lydia Syson

Im dunklen Licht der Tage
von Lydia Syson

Bewertet mit 3.5 Sternen

Der Klappentext verspricht eine rührende, hochemotionale Liebesgeschichte mit geschichtlichem Hintergrund - aber tatsächlich steht deutlich der Krieg im Mittelpunkt, und die Romanze ist inmitten von Flankenfeuer, Tod und Elend eher die Begleitmelodie, die ihn manchmal erträglicher macht und manchmal noch tragischer. Wer sich nicht für Geschichte interessiert, wird daher wahrscheinlich mit diesem Buch nicht warm werden, aber wer bereit ist, das Thema mit einer guten Portion Wissbegierde und Neugier anzupacken, der wird hier sicher viel Interessantes finden. 

Ich bin ganz bestimmt kein Experte für den spanischen Bürgerkrieg, aber auf mich wirkte die Geschichte gründlich und detailliert recherchiert, und am Ende des Buches findet man auch eine kurze Chronologie der Geschehnisse! 

Die Geschichte dreht sich um Felix, Nat und George, die sich aus ganz unterschiedlichen Gründen in Spanien wiederfinden. Nat ist der einzige der drei jungen Menschen, der sich tatsächlich aus Idealismus und dem Wunsch, die Welt zu verbessern, in den Krieg gestürzt hat - die junge, naive Felix ist ihm aus spontaner Verliebtheit heraus gefolgt, und George, der sie schon seit Ewigkeiten im Geheimen anhimmelt, ist wiederum ihr gefolgt, um sie zu beschützen und heil wieder nachhause zu holen. 

Es ist vor allem Felix, durch deren Augen wir den Krieg sehen, und da sie bisher sehr behütet aufgewachsen ist und auch nicht viel über den Krieg weiß, kann der Leser mit ihr mehr darüber lernen und teilt ihre Erschütterung und ihren Unglauben, aber auch die wachsende Überzeugung, dass es Dinge gibt, für die es sich zu kämpfen lohnt. Meist war sie mir sehr sympathisch, und oft tat sie mir leid... Als Krankenschwester leistet sie wichtige Arbeit, sieht schockierende Verletzungen und nimmt Anteil an tragischen Schicksalsschlägen, und sie wächst daran als Mensch. In meinen Augen war sie am Anfang der Geschichte noch ein halbes Kind, und am Schluss ist sie eine junge Frau, die durch den Krieg zu schnell erwachsen werden musste.

Leider fiel es mir ziemlich schwer, ihre Liebe zu Nat nachzuvollziehen, denn eigentlich kennt sie ihn gar nicht. Die beiden treffen sich durch Zufall auf einer Demonstration, noch in England, verlieben sich sofort und absolut, und dann muss er auch schon fort in den Krieg. Und sie liebt ihn direkt so sehr, dass sie bereit ist, alles aufzugeben und sich mitten in einen Krieg zu stürzen...

Wahrscheinlich lagen meine Schwierigkeiten damit, ihre Liebe wirklich zu spüren, auch am Schreibstil, denn der ist kompetent und gut geschrieben, aber oft eher nüchtern. In vielen Szenen ist es gerade dieses Sparsame, das komplett auf Melodramatik und Heldenpathos verzichtet, was die unvorstellbare Grausamkeit des Krieges umso eindringlicher macht und sogar eine Art leiser Poesie entwickelt, aber manchmal machte es mir das auch schwer, Emotionen nachzuempfinden und nicht nur intellektuell zu registrieren. Wenn der Schreibstil sich dann doch einmal zu überschwänglicher Liebe aufschwingt, wirkte das auf mich leider etwas aufgesetzt. 

Was einem das Buch dagegen wirklich deutlich macht, ist die grundlegende Sinnlosigkeit, Grausamkeit und Abartigkeit des Krieges. Die Geschichte schwingt sich nicht von Heldentag zu Heldentag, sondern schleppt sich durch einen Albtraum, in dem Tod und Hoffnungslosigkeit zum Alltag werden. Natürlich ist das trotzdem in gewisser Weise spannend, denn man will wissen, ob Felix, Nat und George überleben werden. Aber es ist eine eher verhaltene Spannung, die mich oft nicht mitgerissen hat. 

Es gibt eine Nebenhandlung, die potentiell sehr spannend ist, aber der große Höhepunkt dieser Handlung, die Konfrontation, ist auch wieder eher nüchtern und gelassen geschrieben, und im Grunde hat sie mich eher etwas deprimiert zurückgelassen. 

Fazit:
Ein Buch über die Sinnlosigkeit des Krieges und die Erlebnisse dreier junger Menschen, die sich aus unterschiedlichen Gründen mitten in seinen Wirrungen wiederfinden. Die Liebesgeschichte hält sich dabei meist dezent im Hintergrund, was der Klappentext eher nicht vermuten lassen würde... Auch der Schreibstil ist eher nüchtern und klar, was oft einen eindringlichen Gegenpol zur Grausamkeit der Geschehnisse darstellt, aber es manchmal auch schwer macht, emotional anteil zu nehmen. 

Als Liebesgeschichte konnte das Buch in meinen Augen nicht bestehen, als Buch über den Wahnsinn des Krieges aber schon - man sollte ein deutliches Interesse an Geschichte mitbringen, dann hat es viel Interessantes zu bieten!