Rezension

Mein böses Herz

Mein böses Herz - Wulf Dorn

Mein böses Herz
von Wulf Dorn

Bewertet mit 4 Sternen

Doro ist 15 Jahre alt, als sie auf ihren eineinhalbjährigen Bruder Kai aufpassen muss, weil die Eltern ausgehen wollen. Der Bruder ist ein nervender Schreihals und Doro ist wütend, weil sie lieber auf eine Party gehen wollte. Am nächsten Morgen liegt Kai tot in seinem Bettchen. Doro kann sich nicht an die Nacht erinnern. Was hat sie getan?

Kai verfolgt sie in Halluzinationen, die einen monatelangen Klinikaufenthalt in der Jugendpsychiatrie notwendig machen. Als sie wieder entlassen wird, zieht sie mit ihrer Mutter um. In Ulfingen wollen beide neu anfangen. Doch Doro hat nach wie vor Probleme, zwischen Realität und Halluzination zu unterscheiden. Als sie in der Nacht in der Gartenlaube einen verletzten Jungen entdeckt, der aber wieder verschwindet, während sie Hilfe holt, zweifelt natürlich jeder an ihrem Verstand. Doch dieses Mal ist Doro sich relativ sicher, dass der Junge wirklich da war. Im Dorf hat sich Doros Problem schnell herumgesprochen, und so wird sie von niemandem ernst genommen. Dann stellt sich auch noch heraus, dass der Junge vor kurzem ums Leben gekommen ist. Sieht Doro Gespenster?

Doro erzählt uns ihre Geschichte in der Ich-Form. So ist der Leser hautnah an ihren Gedanken, Gefühlen und vor allem Zweifeln dran. Gekonnt schickt der Autor Doro und den Leser auf eine Gratwanderung zwischen Einbildung und Wirklichkeit. In den wenigsten Situationen lässt sich sicher sagen, ob etwas wirklich geschieht oder ob Doro halluziniert. Das erzeugt einen gewissen Gruseleffekt und Thrill. So kann auch gut auf blutrünstige Szenen verzichtet werden, ohne dass die Spannung darunter leidet.

Doro wird als sehr sympathisch dargestellt und der Leser fiebert gerne mit ihr mit, wenn sich nach und nach Erinnerungsfetzen bei ihr einstellen. Dieser Charakter ist sehr gut und detailliert ausgearbeitet und logisch aufgebaut. Ich hatte an keinem Punkt Probleme, Doros Handlungen oder Gedanken nachzuvollziehen. Andere Figuren bleiben leider etwas blasser, obwohl sie auch eine wichtige Rolle spielen. So war ich am Schluss dann doch etwas überrascht von der Auflösung des einen Handlungsstrangs, da mir zu der einen Person einfach die Informationen fehlten. Auch bin ich mit ihrem Ende nicht ganz glücklich. Für ein Jugendbuch hätte ich mir da eine andere Lösung gewünscht, aber das ist natürlich Ansichtssache.

„Mein böses Herz“ ist ein sehr spannendes Jugendbuch, das aber durchaus auch Erwachsene sehr gut unterhält. Ich habe das Buch geradezu verschlungen und wollte es zwischendurch gar nicht aus der Hand legen.