Rezension

Mit scharfem Blick und sanfter Zunge

Americanah - Chimamanda Ngozi Adichie

Americanah
von Chimamanda Ngozi Adichie

Die Autorin Chimamanda Ngozi Adichie stammt aus Nigeria. Dort geboren und aufgewachsen, hat sie das Land aber als Neunzehnjährige verlassen, um in den USA zu studieren. Ihre drei Romane waren für bedeutende Literaturpreise nominiert (u.a. Booker-Prize) bzw. wurden ausgezeichnet. So erhielt beispielsweise „Americanah“ den Heartland Prize for Fiction sowie den National Book Critics Circle Award for Fiction. Adichie kommt aus der nigerianischen Upperclass (Vater Mathematik-Professor), und es sind unter anderem die Erfahrungen, die deren Kinder machen, wenn sie zu Studienzwecken das Land verlassen, die sie in „Americanah“ beschreibt.

 Die Geschichte nimmt ihren Anfang in den neunziger Jahren in Lagos, das Militär ist an der Macht und es ist nicht die Zeit, in der man in Nigeria problemlos seine Träume verwirklichen kann. Hauptfiguren sind Ifemelu und Obinze. Die beiden verbindet eine Jugendliebe, aber sie müssen sich trennen, weil sie im Ausland studieren wollen. Ifemelu erhält ein Stipendium und geht an die renommierte Universität in Princeton, New Jersey(dort hat übrigens auch die Autorin studiert), Obinze landet als Illegaler in London, UK. Das Leben fernab der Heimat gestaltet sich für beide problematisch, was zum Großteil an ihrer Hautfarbe und den damit einhergehenden Diskriminierungen liegt. Ifemelu mag sich nicht damit abfinden und beginnt zu bloggen. Durch den Erfolg ihrer Beiträge, in denen sie den alltäglichen Rassismus thematisiert, fühlt sie sich erstmals wahrgenommen und verwirklicht ein Stück weit den „amerikanischen Traum“. Aber sie kehrt in ihr Heimatland zurück, und trifft dort wieder auf Obinze, ihre Jugendliebe, zu dem sie vor längerer Zeit den Kontakt abgebrochen hatte…

„Americanah“, das ist der Begriff, mit dem in Nigeria die Rückkehrer aus den Vereinigten Staaten bezeichnet werden – ein deutlicher Beleg dafür, dass sie nach den Diskriminierungen in den USA auch in ihrem Heimatland nicht mehr dazugehören. Adichie erzählt nicht nur von Rassismus, sondern auch von dem Aufbegehren gegen Konventionen. Weil nicht sein kann, was nicht sein darf, gibt man sich in intellektuellen Kreisen betont liberal und anti-rassistisch – eine raffinierte Form der Heuchelei und ein weiterer Beleg dafür, dass Rassismus im Alltag noch immer präsent ist (siehe dazu auch die aktuellen Ereignisse in Ferguson).

 Adichie erzählt mit scharfem Blick, aber sanfter Zunge. Eingebettet in eine Love-Story, die die Jahre überdauert, beschreibt sie die Identitätskrisen und die Entwurzelung ihrer Protagonisten, die ihr Glück im Ausland gesucht haben, schlussendlich aber um einige Illusionen ärmer und viele schmerzhafte Erfahrungen reicher in die Heimat zurückkehren.