Rezension

Nigeria - Amerika und zurück

Americanah - Chimamanda Ngozi Adichie

Americanah
von Chimamanda Ngozi Adichie

Bewertet mit 3.5 Sternen

Klappentext:
Die große Liebe von Ifemelu und Obinze beginnt im Nigeria der neunziger Jahre. Dann trennen sich ihre Wege: Während die selbstbewusste Ifemelu in Princeton studiert, strandet Obinze als illegaler Einwanderer in London. Nach Jahren kehrt Ifemelu als bekannte Bloggerin von Heimweh getrieben in die brodelnde Metropole Lagos zurück, wo Obinze mittlerweile mit seiner Frau und Tochter lebt. Sie treffen sich wieder und stehen plötzlich vor einer Entscheidung, die ihr Leben auf den Kopf stellt. (Verlagsseite) 

Inhalt:
Ifemelu lässt sich in einem afrikanischen Friseurladen in Princeton eine Zopffrisur flechten. Während dieser Zeit erinnert sie sich an ihre Kindheit und Jugend in Lagos, der damaligen Hauptstadt Nigerias, an ihre erste schwere Zeit in Amerika und den Beginn ihres Erfolges als Bloggerin zum Thema „Alltäglicher Rassismus“. Sie stößt nicht generell auf Verständnis mit ihrem Plan, in ihr Heimatland zurückzukehren.
Der Friseurbesuch stellt die Rahmenhandlung um Ifemelus Erinnerungen dar und knüpft weiter an die Zeit ihrer Rückkehr und das Aufflackern der Liebe zu ihrem Jugendfreund Obize an, der inzwischen ein reicher Mann geworden ist. 

Ifemelu wächst in Verhältnissen auf, die man vom westlichen Standpunkt aus ärmlich nennen würde; tatsächlich aber beweisen das Steinhaus der Familie, die Berufstätigkeit der Eltern und Ifemelus Schulbesuch, dass die Familie finanziell abgesichert lebt. – Wenn man weiß, dass ein Universitätsprofessor in Nigeria umgerechnet 200 € verdient, hat man einen Maßstab. - Als Jugendliche verliebt Ifemelu sich in Obinze, mit dem sie eine gemeinsame Zukunft plant. Doch dann entschließt sie sich, in Amerika zu studieren. 

Der Westen, vor allem Amerika, erscheint als gelobtes Land. Land der guten Ausbildungs- und Arbeitsmöglichkeiten, Land der finanziellen Unabhängigkeit, Land der Freiheit. Wer ein Visum bekommt, fühlt sich vom Schicksal auserwählt … bis er ankommt. Das Stipendium reicht gerade für die Studiengebühren. Ifemelu sucht einen Job und macht erste Erfahrungen mit dem alltäglichen Rassismus. Nicht mit der lauten, gewaltbereiten Apartheid vergangener Jahrzehnte, sondern mit profanen Bemerkungen, die verletzen, unterschwelligen Tönen und schnöder Unsensibilität. Sie empfindet abfällige Sprüche genauso schlimm wie laute Gutmenschen-Empathie. 

Obinze hat es noch schlechter getroffen: Illegal in Großbritannien erschleicht er sich Arbeit mit dem Sozialversicherungsnachweis eines anderen, dem er dafür fast die Hälfte seines Lohns überlassen muss. Nach der Abschiebung in seine Heimat wendet sich für ihn das Blatt. 

Nach umtriebigen Jahren, erfolgreich und finanziell abgesichert durch ihren Blog, kehrt auch Ifemelu nach Nigeria zurück. Im letzten Drittel des Buches treten ausschließlich reiche und sehr reiche Nigerianer auf; Obinze und Ifemelu gehören zu ihnen.
Aber auch das ist Realität in Nigeria, einem der ärmsten und bevölkerungsreichsten Länder Afrikas: Die Klasse der Mächtigen, Einflussreichen und Korrupten. 

Ein umfangreiches, sehr lebendig geschriebenes Buch, das sich vor falscher Moral und Schwarz-Weiß-Denken hütet.
Wer immerwährende Liebe in Büchern mag, kommt auch auf seine Kosten; bemerkenswert, wie wenig Pathos nötig ist, um über eine ganz große Liebe zu erzählen. 
Allerdings gefiel mir Adichies Buch „Blauer Hibiskus“ besser, dessen Handlung mehr im nigerianischen Alltagsleben verankert ist; dies findet man hier nur in Episoden aus Ifemelus Jugend wieder.