Rezension

Schwarz in allen Schattierungen

Americanah - Chimamanda Ngozi Adichie

Americanah
von Chimamanda Ngozi Adichie

Bewertet mit 3 Sternen

Was heißt es schwarz zu sein? Man meint, in Nigeria müsste es eine ganz natürliche Sache sein, aber selbst da achtet man auf Schattierungen, die das Ansehen definieren können. Ist jemand vielleicht etwas heller oder gar fast weiß? Zu Vorstellungsgesprächen glättet man das Kraushaar, um kultivierter zu wirken. Oder war vielleicht jemand in Amerika? Dann umweht ihn ein Hauch Weltgewandtheit, dann hat er am wahren Leben geschnuppert, weiß Bescheid, so wie Ifemelu. Sie war in Amerika, eine echte Americanah.

Während Ifemelu beim Frisör sitzt und sich stundenlang die Haare flechten lässt, denkt sie über ihr Leben nach und erzählt ihre Geschichte. Wie ihr Leben in Nigeria war, ein schwieriges Land, in dem Korruption, Kriminalität und Misswirtschaft den Alltag beherrschen und wie sie Amerika erlebt hat, wo sie erstaunt noch ein paar neue Schwarztöne kennenlernt.

Das ist hoch interessant und am Anfang fand ich das Buch grandios. Nur stellt man irgendwann fest, Ifemelu erzählt wirklich ausführlich. Sie beobachtet ihre Umgebung sehr genau, ihre Freunde, Familie, Liebhaber werden umfassend analysiert. Beziehungen zu Männern unterschiedlicher Hautfarbe haben Einfluss auf ihre persönliche Lebenssituation, spannend. Trotzdem denkt man früher oder später: Ich habe es verstanden. Ich muss es nicht unbedingt mit allen Höhen und Tiefen durchleben.

Sie eröffnet einen Blog, in dem sie schonungslos ihre Beobachtungen dokumentiert. Das ist mutig, originell und innovativ und erhält großen Zuspruch. Endlich wagt es jemand auszusprechen, was andere nur denken. Für den Leser wirken diese Blogbeiträge allerdings wie belehrende Fazits des Geschehens. Nach jedem Kapitel bekommt man in reißerischem Tonfall die Moral von der Geschicht serviert und das langweilt sehr.

„Americanah“ ist ein gutes Buch, das das Thema Rassismus auf eine ganz ungewöhnliche Art behandelt und zum Nachdenken anregt. Auf die Hälfte gekürzt, hätte es ein großartiges Buch werden können. So hat man das Gefühl, das Thema wird ein wenig überreizt.