Rezension

Nicht frei von Schwächen, aber es wird mit jeder Seite besser

Everless. Zeit der Liebe
von Sara Holland

Bewertet mit 4 Sternen

Endlich mal wieder ein Jugendfantasybuch mit einer cleveren Geschichte, wenn auch mit einer nicht ganz neuen Idee. Bezahlung in Form von Lebenszeit - das gab es bereits im Science-Fiction Thriller "In Time - Deine Zeit läuft ab" mit Justin Timberlake. Weil dieser Einfall recht ungewöhnlich ist, fällt die Ähnlichkeit nun leider auch auf. Gut also, dass "Everless" sich dann doch ganz eigenständig entwickelt, denn so kann man dem Buch die Mauserei letztlich nachsehn.

Protagonistin ist Jules, die ihre Kindheit auf Schloss Everless verbracht hat, weil ihr Vater dort als Schmied angestellt war. Die beiden mussten fliehen, nachdem Jules Zeugin einer Attacke auf den jungen Lord Roan geworden ist. Um Lebenszeit für ihren kranken Vater in Form von Blutmünzen zu verdienen, kehrt Jules zurück nach Everless und findet sich schon bald in einem Netz aus vergessen geglaubten Erinnerungen, Gefühlen für Roan, Wut auf dessen Bruder Liam und Angst vor einer mysteriösen Königin wieder. Immer deutlicher wird, dass Jules ein Geheimnis umgibt.

Die Geschichte hat durchaus ein paar Schwächen, die sich nicht kaschieren lassen. Wie üblich könnte die Fantasy-Welt ein bisschen ausgefeilter sein. Nur die vielen Geheimnisse lassen sie größer wirken. Jules selbst handelt manchmal etwas naiv, was für die Autorin vermutlich der einfachste Weg war, um bestimmte Ereignisse voranzutreiben. Auch die Liebesgeschichte ist schnell durchschaut. Immerhin hält sich die Schwärmerei bei Holland ansonsten in Grenzen und sie gehört nicht zu diesen Autorinnen, die meinen, ein bisschen wildes Hormonchaos sei Handlung genug für ein Fantasybuch, das junge Mädchen ansprechen soll. Aber ein letztes kurzes Gemecker hätte ich noch: Die Sache mit dem alten, kranken Vater im Keller und auch DIE Wand hätte man wohl liebevoller erklären können. Das war in dieser Kürze ja vollkommen schräg!

Jetzt aber zum Positiven: Weil ein paar Dinge vorhersehbar (und merkwürdig!) sind, habe ich ziemlich schnell geglaubt, dass mich hier nichts von den Socken hauen kann. Trotzdem las ich recht angetan vor mich hin, denn Sara Holland hat einen angenehm flüssigen Stil und ein Gespür für Spannung. Auch die Atmosphäre ist schön. Wie ein roter Faden zieht sich das Motiv der "Zeit" durch das Buch. Sie kann gestohlen, verkauft, verschwendet oder gar angehalten werden und ist gleichzeitig Teil von Jules eigenem Rätsel. "Everless" hat etwas Faszinierend-Mysteriöses. Und, spätestens wenn die "böse" Königin ins Spiel kommt, wird es richtig märchenhaft.

Mit dem Finale gelingt der Autorin dann eine echte Überraschung, die das ganze Buch nochmal in ein anderes Licht stellt und die Geschichte stark aufwertet. Und damit meine ich keine Wende im Sinne von "wir zaubern jetzt mal irgendwas Krasses aus dem Hut". Alle Fäden laufen logisch zusammen. Hier hat sich endlich mal wieder jemand die Mühe gemacht, einen Plot auf die Beine zu stellen. Super! Ich hoffe sehr, dass die Fantasie der Autorin auch noch einen zweiten Band füllt und halte für diesen ersten (trotz Startproblemen) beide Daumen hoch.

Fazit: Kleinere Unstimmigkeiten und es wäre schön, wenn sich Jules noch weiter entwickeln würde, aber alles in allem ein wunderbar magisch-märchenhaftes Buch. Die Geschichte um ein verfluchtes Königreich, in dem Zeit aus Blut gewonnen wird, ist gut durchdacht und endet mit einer echten Überraschung. Teil 2 kommt leider erst 2019, wie man liest.

Kommentare

E-möbe kommentierte am 04. März 2018 um 12:40

Immer dasselbe mit uns und unseren Bewertungen. :)

lex kommentierte am 04. März 2018 um 12:42

Bestimmt finden wir noch DAS EINE Buch, das uns spaltet. :-)